Klappentext:
Quelle: S. Fischer Verlage
Rezension:
Da mir meine zwei bisherigen Werke von Sara Pennypacker unglaublich gut gefallen haben, war meine Neugierde sofort geweckt als ich das erste Mal von ihrem neuen Titel hörte. Beim Cover war es bei mir Liebe auf den ersten Blick und auch der Klappentext konnte umgehend bei mir punkten. Für mich stand daher sehr schnell fest, dass ich „Hier im echten Leben“ unbedingt lesen muss.
Der 11-jährige Ware ist anders als die meisten Kinder in seinem Alter: Er ist ein Träumer und Außenseiter, er ist hochsensibel und nachdenklich und seine Zeit verbringt er am liebsten alleine, in seiner eigenen Welt. Wares Begeisterung hält sich daher sehr in Grenzen als ihm seine viel beschäftigten Eltern eröffnen, dass er die Sommerferien im Feriencamp verbringen soll. Ware hasst dieses Sommerlager, wo es laut und voll ist und er nicht für sich sein kann. Gleich an seinem ersten Tag im Camp reißt er aus und entdeckt auf dem großen verlassenen Nachbargrundstück eine halb abgerissene alte Kirche. Das Grundstück wurde allerdings bereits von jemanden in Beschlag genommen: Jolene, ein sehr toughes und recht schroffes Mädchen, die auf dem Gelände Papayas anpflanzt. Zwischen den beiden Kinder entwickelt sich eine behutsame Freundschaft und gemeinsam beginnen sie damit, das ungenutzte Terrain in ihr eigenes Paradies umzuwandeln. Während sich Jolene um ihre Papayapflanzen kümmert, erschafft sich Ware aus der alten Kirchenruine eine eigene Ritterburg mitsamt Burggraben. Alles könnte so schön sein, doch dann erfahren die beiden, dass das Grundstück verkauft und die Ruine für ein neues Gebäude abgerissen werden soll. Für Ware steht sofort fest, dass er für seinen neuen geheimen Zufluchtsort kämpfen muss.
Da mir Sara Pennypacker mit „Mein Freund Pax“ damals ein echtes Highlight geschenkt hat und der Klappentext von ihrem neuen Buch einfach so gut klang, habe ich mir von „Hier im echten Leben“ ziemlich viel erhofft. Hinzu kommt selbstverständlich noch das wunderhübsche Cover. Es ist natürlich immer Geschmackssache – ich jedenfalls bin ganz hin und weg von dieser geheimnisvoll anmutenden Gestaltung des Schutzumschlags.
Um es kurz zu machen: Mir hat Sara Pennypacker mit „Hier echt im Leben“ ein zauberhaftes Leseerlebnis beschert. Der US-amerikanischen Autorin ist erneut ein ganz besonderer und zutiefst berührender Kinderroman geglückt, der ruhig und kraftvoll zugleich ist und viele wichtige Werte und bedeutsame Botschaften vermittelt.
Freundschaft, Mut, Zusammenhalt, Selbstakzeptanz, Tier- und Umweltschutz, die Macht der Fantasie – all diese Dinge haben unter anderem ihren Platz in „Hier im echten Leben“ gefunden und werden auf eine kindgerechte Weise vermittelt. Ich muss allerdings sagen, dass ich mir nicht sicher bin, ob die Geschichte wirklich für 10-jährige Kinder geeignet ist, da die Handlung insgesamt wirklich sehr ruhig ist. Ich könnte mir vorstellen, dass junge Leser*innen schnell ein bisschen gelangweilt sein werden, da die Spannungskurve sehr niedrig gehalten ist.
Mir, als Erwachsene, hat es unheimlich viel Freude bereitet in dieses Buch einzutauchen und Ware und Jolene auf ihrem Weg zu begleiten. Ich habe mich von Beginn an pudelwohl in der Geschichte gefühlt, unseren Hauptprotagonisten Ware habe ich auf Anhieb in mein Herz geschlossen und dank der wunderbaren Sommerstimmung habe ich sofort total Lust auf warme Sonnentage bekommen.
Erzählt wird die gesamte Handlung aus der Sicht des 11-jährigen Ware in der Ich-Perspektive. Dass es sich bei ihm um einen ganz besonderen Jungen handelt, wird einem als Leser*in sehr schnell klar. Ware ist ein ziemlicher Einzelgänger und Außenseiter, er flüchtet am liebsten in seine Phantasiewelten, seine Umwelt beobachtet er stets ganz genau und nimmt sie voller Empathie wahr, und sein größter Wunsch ist es, normal zu sein. Mich hat Wares komplexes Denken und Fühlen überaus fasziniert und tief bewegt. Zugleich hat es mich aber auch sehr traurig gestimmt. Mir tat Ware so leid, dass er von solchen Selbstzweifeln geplagt wird und ständig das Gefühl hat, seine Eltern zu enttäuschen. Mitzuerleben, wie er in diesem Sommer aufblühen und lernen wird, sich selbst und seine Eigenarten zu akzeptieren, hat mir daher richtig das Herz erwärmt. Mit Ware hat die Autorin einen einzigartigen Romanhelden erschaffen, den man als Leser*in einfach sofort gernhaben muss und den man auf seiner Reise zu sich selbst nur zu gerne begleitet.
Auch mit Jolene hat Sara Pennypacker eine unvergleichliche und vielschichtige Figur ausgearbeitet. Da Jolene zunächst recht verschlossen wirkt und sehr wortkarg ist, macht sie zu Beginn nicht den sympathischsten Eindruck. Im Verlauf der Handlung erfahren wir aber mehr über sie und ihre Geschichte, sodass man schließlich noch versteht, warum sie sich zu so einem ruppigen Mädchen entwickelt hat.
Der Fokus der Erzählung liegt eindeutig auf Ware und Jolene und deren Freundschaft. Vollkommen glaubhaft und authentisch und mit ganz viel Herz und Feingefühl beschreibt Sara Pennypacker die Entwicklung der beiden und zeigt uns mit ihnen, dass Kinder Dinge vollbringen können, die nicht einmal Erwachsene schaffen und dass vermeintliche Schwächen große Stärken sein können.
Neben Ware und Jolene konnte mich die Autorin auch mit sämtlichen Nebenfiguren auf ganzer Linie überzeugen. Da hätten wir zum Beispiel das Mädchen Ashley, die ihre Sätze gerne wie eine Frage klingen lässt und die unsere zwei Freunde bei ihrem Kampf für ihr Paradies unterstützen wird. Und Wares Onkel Cy, ein ganz wundervoller Charakter, der seinen Neffen dabei helfen wird, endlich selbstbewusster zu werden.
Mit dem Setting konnte das Buch ebenfalls komplett bei mir punkten. Den größten Teil der Erzählung halten wir uns auf dem verlassenen Grundstück auf und da alles sehr anschaulich und stimmungsvoll beschrieben wird, hat man beim Lesen lauter tolle Bilder im Kopf und taucht in eine bezaubernd idyllische, sommerliche Atmosphäre ein.
Bezüglich der Handlung habe ich euch ja bereits berichtet, dass sie mit keiner großen Spannung aufwarten kann. Da ich ungemein gerne ruhig erzählte Bücher lese, hat mich dieser Punkt nicht gestört. Mich haben die Geschehnisse dennoch durchweg mitreißen können und da die Kapitel angenehm kurz sind, bin ich beim Lesen nur so durch die Seiten geflogen und habe das Buch am Ende mit einem glücklichen Lächeln auf den Lippen wieder zuklappen können.
Fazit: Eine herzerwärmende Geschichte über zwei starke Kinder, die ihren eigenen Weg gehen und dabei über sich selbst hinauswachsen werden.
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