Klappentext:
Seit Stunden schon kämpfen sich Laila und ihr Freund El Rato durch den dichten Urwald. Sie müssen unbedingt den alten Schamanen finden. Er ist Lailas letzte Hoffnung, denn sie leidet an einer unheilbaren Krankheit. Doch allmählich bricht die Nacht herein und die Dunkelheit ist voller Gefahren ...Quelle: Thienemann-Esslinger Verlag
Rezension:
Von Davide Morosinotto hatte ich vor einigen Jahren „Die Mississippi-Bande“ gelesen, ein wundervolles Buch! Der zweite Teil („Verloren in Eis und Schnee“) seiner losen Fluss-Trilogie durfte kurz nach dessen Erscheinen bei mir einziehen, steht aber, Schande über mich, bis heute ungelesen in meinem Regal. Als ich nun hörte, dass Anfang diesen Jahres der Abschlussband von Morosinottos dreibändiger Reihe herauskommen wird, stand für mich sofort fest, dass ich ihn unbedingt lesen muss. So kam es also, dass „Der Ruf des Schamanen“ mein zweites Werk von Davide Morosinotto werden sollte.
Peru, 1986: Die 13-jährige Laila ist die Tochter eines finnischen Diplomaten und leidet an einer schlimmen unheilbaren Krankheit. Da diese sehr rasch voranschreitet, wird Laila von ihren Eltern in eine neurologische Klinik gebracht. Hier lernt das Mädchen den seltsamen Jungen El Rato kennen, der kein Patient ist, sondern schon sein ganzes Leben lang in dem Krankenhaus lebt. Als Laila in einem alten Tagebuch von einer geheimnisvollen Blume mit erstaunlichen Heilkräften erfährt, erwacht neue Hoffnung in ihr. Sie muss diese Blume unbedingt finden! Gemeinsam mit El Rato begibt sie sich auf eine abenteuerliche und gefahrvolle Reise durch den dichten peruanischen Urwald.
Vorweg, ehe ich berichte, wie mir das Buch gefallen hat, kurze Info an alle, die noch nichts von Davide Morosinotto gelesen haben und sich, da ich oben von einer Trilogie sprach, nun vielleicht fragen, ob man bei den Büchern eine bestimmte Reihenfolge beachten muss: Nein, muss man nicht. „Die Mississippi-Bande“, „Verloren in Eis und Schnee“ und „Der Ruf des Schamanen“ erzählen vollkommen eigenständige Geschichten und bilden somit keine Serie, bei der die Bände inhaltlich zusammenhängen. Ich wusste bis vor kurzem sogar gar nicht, dass die historischen Abenteuerromane von Davide Morosinotto als eine Trilogie bezeichnet werden. Erst dank der Danksagung des Autors in „Der Ruf des Schamanen“ ist mir bewusst geworden, dass es sich bei den drei Bänden um eine Reihe handelt.
So viel dazu. Kommen wir nun zu meiner Meinung über das Buch.
Ich hatte einen wunderbaren Einstieg in die Geschichte. Von dem Schreibstil des Autors war sofort wieder ganz angetan. Er ist flüssig, leicht und beeindruckend bildhaft. Für mich hat er sich ganz hervorragend lesen lassen.
Bezüglich der Charaktere kann ich mich ebenfalls nur hellauf begeistert äußern. Da hätten wir zu einem Laila und El Rato, die ich beide wahnsinnig liebgewonnen habe. Laila ist ein superliebes und kluges Mädchen, in der eine bemerkenswerte Kraft und Willensstärke schlummert. El Rato hat auf mich zunächst einen etwas eigentümlichen Eindruck gemacht, aber es wird sich noch sehr schnell zeigen, dass auch in ihm ein herzensguter und cleverer Kerl schlummert, auf den man immer zählen und sich verlassen kann.
Was das Setting angeht, könnte ich euch endlos etwas vorschwärmen. Davide Morosinotto nimmt uns dieses Mal in den wilden und gefährlichen Urwald Perus mit – eine ungeheuer faszinierende Kulisse, von der ich gar nicht genug bekommen konnte. Der Autor beschreibt alle Schauplätze unglaublich bildlich und stimmungsvoll, sodass man durchweg das reinste Kopfkino hat und in den Genuss einer herrlich abenteuerlichen Atmosphäre kommt. Zudem gibt er höchst interessante Einblicke in das Leben der Amazonas-Bewohner. Ich finde, man spürt beim Lesen sehr, dass Davide Morosinotto für seine Recherchen selbst vor Ort war und daher wirklich weiß, wovon er schreibt. Auch was die Epoche angeht, hat er sehr genau nachgeforscht. Die Geschichte spielt 1986, was man unter anderem an der politischen Lage merkt oder daran, dass Laila einen Walkman besitzt (hach ja, der gute alte Walkman).
Hinsichtlich der Handlung habe ich euch ja bereits erzählt, dass sie mich in eine wahre Buchverschlingerin verwandelt hat. Die Geschichte wird ungemein packend und spannend erzählt, sodass sie einen von Anfang bis Ende mitreißt und an die Seiten fesselt. Gleichzeitig berührt einen die Erzählung aber auch sehr und stimmt nachdenklich. Ich habe zutiefst mit Laila mitgelitten und war beim Lesen richtig entsetzt zu erfahren, was das Voranschreiten ihrer unheilbaren Krankheit für Auswirkungen auf sie haben wird. Da es dem Autor aber ausgezeichnet gelungen ist, diese schwere Thematik auf eine sehr einfühlsame und behutsame Weise zu behandeln, wird die Handlung an keiner Stelle zu heftig und bedrückend. Für Jugendliche ab 12 Jahren ist das Buch auf jeden Fall geeignet.
Wovon ich einfach nur mega begeistert bin, ist außergewöhnliche typografische Innengestaltung. Das Buch ist echt brillant aufgemacht. Es gibt hin und wieder dunkle Seiten, die für eine ganz eigene Stimmung sorgen; zahlreiche Spielereien mit dem Schriftbild geben die Gefühle der Figuren und die aktuellen Situationen in der Erzählung perfekt wieder; es gibt Karten, Pläne, Illustrationen...wirklich klasse, sag ich euch. Das Leseerlebnis wird durch diese kreative Aufmachung wahrhaft zu etwas ganz besonderem.
Das Ende konnte mich ebenfalls vollkommen zufriedenstellen. Es ist herzzerreißend und wunderschön zugleich und spannt zudem einen rundum gelungenen und höchst einfallsreichen Bogen zum Anfang. Also ich bin richtig fasziniert davon, wie der Autor alles verwoben und aufeinander abgestimmt hat. Das Ende ist wirklich genial!
Fazit: Fesselnd, berührend, tiefgründig und zeitlos. Ein großartiger historischer Abenteuerschmöker!
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