Sonntag, 22. August 2021

[Rezension] Der Urwald hat meinen Vater verschluckt von Simon van der Geest

Hardcover
 
Übersetzt von Andrea Kluitmann
Illustriert von Karst-Janneke Rogaar
Ab 10 Jahren
432 Seiten
ISBN: 978-3-522-18568-4
Erschienen: 27.07.2021

Klappentext:

Eva hat einen besten Freund, eine berühmte Mutter und keinen Vater. Als Eva ein Referat halten soll, wählt sie "Biologische Väter". Und je länger sie sich mit dem Thema beschäftigt, desto größer wird ihr Wunsch, ihren Vater kennenzulernen. Sie findet heraus, dass er in Suriname wohnt, und zwar mitten im Dschungel! Heimlich wendet sie sich an eine Fernsehsendung, die vermisste Familienmitglieder aufspürt. Es wird eine abenteuerliche Suche, die einige Überraschungen für Eva bereithält.

Quelle: Thienemann-Esslinger Verlag

Rezension:

Bei einem Blick in das neue Programm des Thienemann-Esslinger Verlags ist mir „Der Urwald hat meinen Vater verschluckt“ sofort ins Auge gesprungen. Das Cover finde ich richtig cool, mich sprach es einfach direkt an. Auch der originelle Titel machte mich superneugierig auf die Geschichte. Nachdem ich mir dann fix den Klappentext durchgelesen hatte, zögerte ich keine Sekunde lang und ließ das Buch bei mir einziehen.

Eva hat eine weiße Mutter, die eine berühmte Sängerin ist, sie hat Luuk, ihren allerbesten Freund und Fast-Bruder, und sie hat an ihrem rechten Fuß einen sechsten Zeh mit magischen Kräften. Einen Vater hat die 12-jährige aber nicht. Eva hat ihren Papa nie kennengelernt. Sie weiß noch nicht einmal wie er heißt oder wo er lebt, da ihre Mutter nicht gerne über ihn spricht. Als Eva für den Biologieunterricht eine Projektarbeit machen soll und selbst entscheiden darf, worüber sie schreiben möchte, entschließt sie sich kurzerhand für „Biologische Väter“. Je länger sie sich mit dem Thema beschäftigt, desto größer wird ihr Wunsch, ihren leiblichen Vater endlich kennenzulernen. Da ihre Mutter auf ihre Nachfragen weiterhin eisern schweigt, beginnt Eva selbst nachzuforschen und findet schnell heraus, dass ihr Vater Rico heißt, ebenfalls 11 Zehen haben muss wie sie und in Suriname wohnt, mitten im tiefsten Dschungel. Da sie alleine nicht weiterkommt, wendet sie sich – ohne das Wissen ihrer Mutter – an die Fernsehsendung „Verlorene Zeit“, die Leuten dabei hilft vermisste Familienmitglieder aufzuspüren. Eine abenteuerliche Suche voller Überraschungen quer durch den Urwald Surinames beginnt. Ob Eva ihren Vater finden wird? Und wenn ja, was für ein Mensch ist er? Wird er so sein, wie Eva ihn sich in ihrer Vorstellung ausgemalt hat?

Dies war mein erstes Werk von Simon van der Geest und es wird auf jeden Fall nicht mein letztes gewesen sein! In meinem Regal steht bereits ein anderes Buch aus seiner Feder, welches ich mir vor einiger Zeit zugelegt habe, das dann aber leider vorerst auf meinem (gigantisch hohen) SuB gewandert ist. Da hoffe ich nun sehr, dass ich demnächst endlich dazu kommen werde, es zu lesen. Da mir „Der Urwald hat meinen Vater verschluckt“ so gut gefallen hat, kann ich es nun kaum mehr erwarten die anderen Bücher des niederländischen Autors kennenzulernen.

Bei mir trat von Anfang an das ein, was ganz klar für ein gutes Buch spricht: Einmal mit dem Lesen begonnen, wollte ich am liebsten gar nicht mehr damit aufhören. Die Story konnte mich einfach sofort packen, die kindliche Erzählweise sagte mir auf Anhieb zu und dass die Kapitel schön kurz sind, hat mich sehr gefreut (ich bin ein großer Fan von kurzen Kapiteln). Für mich hat sich die Geschichte angenehm flüssig und locker-leicht lesen lassen, sodass ich nur so durch die Seiten geflogen bin und das Buch innerhalb kurzer Zeit verschlungen habe.

Erfahren tun wir alles aus der Sicht der 12-jährigen Eva in der Ich-Perspektive. Mit Eva hat der Autor eine tolle Romanheldin erschaffen. Sie ist liebenswert, mutig, aufgeweckt und klug und wirkt jederzeit absolut authentisch. Ich habe Eva sofort in mein Herz geschlossen und für ihre Stärke und Entschlossenheit, die sie während ihrer Suche nach ihrem Vater an den Tag legen wird, habe ich sie zutiefst bewundert. Ich fand Eva einfach zauberhaft und obwohl ich einige Jährchen älter bin als sie, ist es mir jederzeit mühelos gelungen mich in sie hineinzuversetzen.

Ich habe beim Lesen richtig mit Eva mitgefiebert, mitgefühlt und mitgebangt. Die Suche nach ihrem Vater wird ungemein packend und emotional beschrieben; vor allem der Teil, der uns in den wilden Dschungel Surinames mitnimmt, hält einen in Atem. Spätestens ab da kann man das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Mich haben allerdings bereits die Geschehnisse davor, die in Holland spielen, an die Seiten gefesselt. Da die Mutter partout nicht über Evas biologischen Vater sprechen möchte, beginnt unsere Hauptprotagonistin auf eigene Faust nachzuforschen und wird auf immer mehr Puzzleteile stoßen. Ihre Ergebnisse hält sie in ihrer Bio-Projektarbeit fest und da wir Leser*innen deren Kapitel zu lesen bekommen, kann man wunderbar mitverfolgen wie Eva ihrem Vater immer mehr auf die Spur kommt.

Ich fand es unheimlich spannend Evas Nachforschungen mitzuverfolgen und die Kapitel für ihre Projektarbeit haben mich bestens unterhalten. Evas Art und Weise ihre Erkenntnisse zu dokumentieren ist einfach herrlich. Mir haben sowohl ihre Texte als auch ihre witzigen Zeichnungen jede Menge Schmunzler entlockt.

Sehr interessant fand ich auch die Dreharbeiten für die Fernsehsendung „Verlorene Zeit“, an die unsere Ich-Erzählerin sich noch wenden wird. Die Szenen werden ziemlich genau so dargestellt, wie ich mir eine Fernsehsendung dieser Art vorstelle, sprich: Stets auf Show und Drama aus. Also auf mich haben die Beschreibungen sehr realistisch gewirkt.

Auch die vielen verschiedenen Nebencharaktere haben auf mich vollkommen lebensecht gewirkt. Evas Mutter, ihr bester Freund Luuk, das Fernsehteam, die Menschen in Suriname... – allesamt wurden sie in meinen Augen prima ausgearbeitet und sorgen mit ihren verschiedenen und teils recht ulkigen Eigenschaften für ein außergewöhnliches Lesevergnügen.

Neben Eva habe ich Luuk besonders liebgewonnen. Die innige Freundschaft zwischen den beiden Kindern fand ich wundervoll, mir hat sie richtig das Herz erwärmt.

Womit das Buch ebenfalls gänzlich bei mir punkten konnte: Das Setting. Ich mochte sowohl die Szenen in Holland als auch die in Suriname total gerne, allerdings konnten mich letztere schon deutlich mehr begeistern. Mit einem abenteuerlichen Urwald konnte die Holland-Kulisse dann irgendwie doch nicht so ganz mithalten.

Suriname wird unglaublich bildhaft, atmosphärisch und genial beschrieben! Die feuchtwarme Hitze, die Schauplätze, das Leben dort, das so anders ist als bei uns in Europa – ich hatte beim Lesen richtiggehend das Gefühl live dabei zu sein. Simon van der Geest muss für seinen Roman sehr genau und viel recherchiert haben. Sowohl die Fernseharbeiten als auch die Beschreibungen von Suriname haben auf mich einen ausgesprochen realistischen Eindruck gemacht.

Eine Sache, die mich zunächst nur etwas gestört und auch irritiert hat: In Suriname sprechen fast alle Evas Sprache, sprich Niederländisch. Das hatte mich ziemlich verwundert, muss ich sagen. Zuerst dachte ich, dass sich der Autor da einfach ein wenig künstlerische Freiheit erlaubt hat, aber dann habe ich aus Interesse mal Suriname gegoogelt. Ich muss ja gestehen, dass mir dieses Land bisher völlig unbekannt war. Meine Recherche hat sehr schnell ergeben, dass die Amtssprache in Suriname Niederländisch ist. Mein leichtes Stirnrunzeln über die unkomplizierte Verständigung hat sich daraufhin im Nu gelegt und ich konnte glücklich (und mit einer neu gefüllten Wissenslücke) weiterlesen. ;)

Ob Eva ihren Vater noch finden wird, werde ich euch hier nicht erzählen. Spannung muss schließlich sein, hehe. Ich jedenfalls finde das Ende sehr gelungen. Es war zwar anders als erwartet, aber keineswegs schlecht anders. Mir hat es echt gut gefallen, sodass ich das Buch absolut zufrieden wieder zuklappen konnte.

Fazit: Fesselnd, lustig, ergreifend. Eine wundervolle Abenteuergeschichte mit Tiefgang!

Der niederländische Autor Simon van der Geest hat mit „Der Urwald hat meinem Vater verschluckt“ einen ganz besonderen Kinderroman für Leser*innen ab 10 Jahren aufs Papier gebracht, mit welchem er mich auf ganzer Linie überzeugen konnte. Mich hat die Geschichte durchweg mitgerissen und einfach nicht mehr losgelassen. Sie hat mich berührt, nachdenklich gestimmt und öfters ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Ich kann dieses herzerwärmende Buch über die Suche nach der eigenen Herkunft, Familie, Selbstfindung und Freundschaft nur empfehlen. Ich finde es großartig. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!
 
 
 





 
 
Vielen lieben Dank an den Thienemann-Esslinger für das Rezensionsexemplar!

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