Sonntag, 1. August 2021

[Rezension] Nur fast am Boden zerstört von Sophie Gonzales

Paperback
 
Übersetzt von Doris Attwood
Ab 14 Jahren
336 Seiten
ISBN: 978-3-570-16608-6
Erschienen: 26.07.2021

Klappentext:

Will Tavares ist der perfekte Sommerflirt – witzig, attraktiv und liebevoll – aber gerade als Ollie denkt, er hätte sein Happy End gefunden, enden die Sommerferien und Will antwortet nicht mehr auf seine Nachrichten. Um die Sache noch schwieriger zu machen, muss Ollie wegen eines Familiennotfalls ans andere Ende der USA ziehen. Was ihm deutlich weniger ausmacht, als er herausfindet, dass er von jetzt an auf dieselbe Schule wie Will geht – nur dass dieser Will nichts mit dem Jungen zu tun hat, mit dem Ollie seinen Sommer verbracht hat. Dieser Will ist ein Basketball-Crack, bekennt sich nicht zu seiner Sexualität und ist obendrein ein ziemlicher Idiot. Ollie denkt nicht daran, Will hinterherzutrauern. Doch dann taucht Will „zufällig“ ständig in Ollies Nähe auf: vom Cafeteria-Tisch bis hin zu Ollies Musikkurs. Und Ollies Entschluss gerät gehörig ins Wanken …

Quelle: cbj Verlag

Rezension:

Als ich das erste Mal von „Nur fast am Boden zerstört“ hörte, war ich sofort Feuer und Flamme. Das Cover, muss ich gestehen, hat mich auf den ersten Blick nun nicht so angesprochen, aber der Klappentext dafür umso mehr. Das Buch klang einfach nur unheimlich gut. Für mich stand daher sehr schnell fest, dass ich es unbedingt lesen muss.

Ollies Begeisterung hält sich ziemlich in Grenzen als ihm seine Eltern eröffnen, dass sie nach North Carolina ziehen werden, um dort der krebskranken Tante Linda und ihrer Familie beizustehen. Natürlich kann Ollie die Entscheidung seiner Eltern verstehen, aber dass er Kaliforniern verlassen muss und sein Abschlussjahr nicht an seiner alten Schule gemeinsam mit seinen Freunden machen kann, frustriert ihn sehr. Als er jedoch erfährt, wer ebenfalls an seine neue Schule geht, macht ihm der Umzug im Nu viel weniger aus. Will Tavares ist fortan an sein Mitschüler! Der Will Tavares, der ihm während seines Sommerurlaubs am See den Kopf verdreht und Herzklopfen beschert hat. Nur irgendwie ist der Will in der Schule ein völlig anderer als der am See. Der Will, mit dem Ollie den Sommer verbracht hat, war lustig, liebevoll und hat sich nicht davor gescheut ihn zu küssen. Der Highschool-Will aber bekennt sich nicht zu seiner Sexualität und verhält sich ziemlich idiotisch. Ollie beschließt, seinem Sommerschwarm nicht hinterherzutrauern – na ja, er versucht es zumindest. Sein Vorhaben stellt sich nur als gar nicht so leicht heraus: Irgendwie taucht Will ständig dort auf, wo Ollie sich gerade aufhält.

Dies war mein erstes Werk von Sophie Gonzales und es wird ganz bestimmt nicht mein letztes gewesen sein. Mir hat das, was ich in „Nur fast am Boden zerstört“ zu lesen bekommen habe, richtig gut gefallen. Das Prequel zu dem Buch muss ich mir nun unbedingt auch noch zulegen. Leider habe ich zu spät entdeckt, dass es eine Vorgeschichte zu dem Roman gibt, ansonsten hätte ich diese auf jeden Fall davor gelesen. Dass ich sie nun nicht vorher kannte, hat allerdings in keinster Weise meine Lesefreude beeinträchtigt. Meiner Ansicht nach kann man „Nur fast am Boden zerstört“ völlig problemlos ohne die Kenntnisse aus der Vorgeschichte lesen.

Mir hat das Buch ein zauberhaftes Leseerlebnis bescheren können. Der humorvolle, locker-leichte Erzählstil gefiel mir auf Anhieb, für mich hat er sich super angenehm und flüssig lesen lassen.

Auch mit unserem Hauptprotagonisten Ollie, aus dessen Sicht wir alles in der Ich-Perspektive erfahren, konnte das Buch umgehend bei mir punkten. Ollie ist ein so süßer und herzensguter Kerl! Er ist aufgeschlossen, echt, witzig und so herrlich selbstironisch. Mit ihm hat die Autorin einen wundervollen Buchhelden erschaffen, den man als Leser*in einfach sofort liebhaben muss. Mein Herz hat Ollie jedenfalls im Sturm erobert und da seine Gefühls- und Gedankenwelt vollkommen realistisch und glaubwürdig dargestellt wird, habe ich mich jederzeit mühelos in ihn hineinversetzen können.

Neben Ollie konnte mich Sophie Gonzales auch mit den weiteren Charakteren vollends überzeugen. Die Erzählung steckt voller lebensnaher, liebenswerter und queerer Figuren, die allesamt hervorragend ausgearbeitet wurden und das Leseereignis mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften zu etwas ganz Besonderem machen.

Da hätten wir zum Beispiel Will, der – anders als Ollie – noch nicht sein Coming-out hatte und den ich, um ehrlich zu sein, zunächst irgendwie nicht so gerne mochte. Je mehr Zeit wir aber mit ihm verbringen dürfen, desto lieber habe ich ihn gewonnen. Dank gelegentlicher Rückblenden, die von Ollies und Wills gemeinsamen Sommer am See berichten, dürfen wir zudem noch „den anderen“ Will kennenlernen. In diesen Passagen war er mir um einiges sympathischer, muss ich sagen. Dass er sich in der Schule so anders gibt und Angst davor hat sich zu seiner Sexualität zu bekennen, konnte ich allerdings nur zu gut nachvollziehen. In einer Kleinstadt wie Collinswood in North Carolina, in der quasi jeder jeden kennt und mit Homosexualität nicht so gechillt umgegangen wird wie beispielsweise in Ollies Heimat-Staat Kaliforniern, stelle ich es mir nicht so leicht vor den Mut zu fassen sich zu outen.

Dann wären da noch Juilette, Lara und Niamh, drei Mitschülerinnen an Ollies neuer Schule, die unseren Romanhelden sehr schnell in ihre Clique aufnehmen werden. Ich fand diese drei Mädels einfach klasse; vor allem Lara mit ihrer toughen und selbstbewussten Art mochte ich ungeheuer gerne. Die Freundschaft der vier hat mir in dem Buch ganz besonders gut gefallen; ich habe mich einfach sofort pudelwohl in diesem tollen Vierergespann gefühlt.

Auch Ollies Familie mochte ich sehr gerne (seine Cousine und sein Cousin sind superniedlich!).

Ungemein gut gefallen hat mir überdies, dass die Autorin mit Tante Linda noch eine weitere wichtige Thematik mit einbringt: Krankheit und Verlust.
Tante Linda leidet an Krebs und ihre Chancen ihn zu besiegen stehen leider nicht gut. Die Story gewinnt durch diesen Handlungsstrang sehr an Ernst und stimmt traurig und nachdenklich. Aber keine Sorge, zu bedrückend wird die Erzählung nicht. Insgesamt ist der Roman, trotz der teils sehr schweren Themen, ein zuckersüßes Jugendbuch mit Gute-Laune- und Wohlfühl-Garantie.

Mich hat das Buch an vielen Stellen bestens unterhalten. Der Humor war definitiv absolut meiner; vor allem die zahlreichen amüsanten Dialoge haben mir öfters breite Schmunzler entlockt.

Die emotionalen und bewegenden Momente kamen für mich aber natürlich ebenfalls nicht zu kurz, sodass ich an vielen Stellen ganz ergriffen beim Lesen dasaß. So hat mich vor allem die Liebesgeschichte sehr berührt. Mir hat sie total gut gefallen; sie ist glaubhaft, herzerwärmend und einfach nur wunderschön. In meinen Augen stellt die Autorin die Coming-out- und LGBTQ-Thematik rundum gelungen da: Mit ganz viel Authentizität und Herz und der genau richtigen Mischung aus Komik und Ernsthaftigkeit.

Mein einziger kleiner negativer Kritikpunkt an das Buch: Mir persönlich ist die Geschichte stellenweise ein kleines bisschen zu sehr vor sich hingeplätschert. Als langatmig habe ich diese Passagen nun nicht empfunden – mich konnte die Handlung dennoch durchweg mitreißen – aber hier und da hätte ich mir dann irgendwie doch ein wenig mehr Tempo und Spannung gewünscht. Ansonsten kann ich mich aber wirklich nur begeistert zu „Nur fast am Boden zerstört“ äußern.

Fazit: Ein bezauberndes Buch voller Herz, Wärme und Humor!

Mir hat mein erstes Werk aus der Feder von Sophie Gonzales herrliche Lesestunden bereiten können. Die Geschichte ist warmherzig, queer, tiefgründig und authentisch, sie steckt voller wunderbarer Charaktere und ist witzig und ergreifend zugleich. Ich kann „Nur fast am Boden zerstört“ nur empfehlen und vergebe 4,5 – hier gerundet auf 5 von 5 Sternen!
 
 
 
 





 
 
Vielen lieben Dank an den cbj Verlag für das Rezensionsexemplar!

 

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Mit Absenden eines Kommentars erklärst Du Dich einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) eventuell abgespeichert und für Statistiken von Google weiterverarbeitet werden.
Beim Setzen eines Hakens für weitere Benachrichtigungen auf Folgekommentare erklärst Du Dich ebenfalls einverstanden, dass personenbezogene Daten (z.B. IP-Adresse, Standort des Logins etc.) abgespeichert werden.
Weitere Informationen findest du in meiner Datenschutzerklärung und in der Datenschutzerklärung von Google