Montag, 3. Oktober 2022

[Rezension] Die Sprache der Freundschaft von Claudia Mills

Hardcover
 
Übersetzt von Meritxell Piel
Ab 10 Jahren
304 Seiten
ISBN: 978-3-96177-112-7
Erschienen: 21.09.2022

Klappentext:

Als Betsy ihrer besten Freundin Lizard erzählt, dass ihre Mutter als Professorin an der Uni über vom Aussterben bedrohte Sprachen schreibt, ist Lizard sofort Feuer und Flamme. Was, wenn man nicht nur darüber schreiben, sondern tatsächlich eine bedrohte Sprache retten würde? Während Lizard sich immer begeisterter in das Projekt vertieft, beginnt Betsy sich langsam aus der Freundschaft zu lösen, die sie zunehmend als einengend empfindet. Und als etwas passiert, das Betsys Welt völlig durcheinanderbringt, ist es ausgerechnet Lizard, die sie im Stich lässt. Kann Betsy eine bedrohte Sprache und eine bedrohte Freundschaft retten?

Quelle: Woow Books Verlag

Rezension:

Als ich das erste Mal von „Die Sprache der Freundschaft“ hörte, wusste ich sofort, dass ich das Buch lesen muss. Beim Cover war es bei mir Liebe auf den ersten Blick und der Klappentext klang nach einer Story ganz nach meinem Geschmack. Von der US-amerikanischen Autorin Claudia hatte ich bisher noch nichts gelesen. „Die Sprache der Freundschaft“ sollte also mein erstes Werk aus ihrer Feder werden.

Betsy und Lizard gehen in die sechste Klasse und sind seit dem dritten Schuljahr die besten Freundinnen. Beide heißen eigentlich Elizabeth, nur sprechen sie sich gegenseitig immer nur mit ihren Spitznamen an: Biene und Lizard. Bis auf ihre gleichen Namen haben die beiden jedoch kaum etwas gemeinsam. Lizard hat vor nichts Angst und will immer alles bestimmen und bei allem die Erste sein, sie ist wie eine Sturmwolke und ein Wirbelwind. Betsy dagegen fürchtet sich vor vielen Dingen und ist sehr gut darin, die Zweite zu sein, sie ist wie ein Blatt, das in die Luft gehoben und umhergeweht wird.

Als Betsy Lizard erzählt, dass ihre Mutter, die Linguistik-Professorin an der Uni ist, über aussterbende Sprachen schreibt, ist sie sofort begeistert. Sie möchte unbedingt eine bedrohte Sprache retten und startet zusammen mit Betsy ein Projekt. Die Mädchen versuchen Guernésiais zu lernen, doch während Lizard mit Feuereifer dabei ist, fühlt sich Betsy zunehmend eingeengt in ihrer Freundschaft. Sie möchte auch mal Zeit mit anderen Mädchen verbringen und neue Dinge ausprobieren, wie zum Beispiel bei dem Schultheaterstück „Alice im Wunderland“ mitmachen. Obwohl Lizard dagegen ist, tritt Betsy der Theater-AG bei und trifft sich immer häufiger mit Zoey, die fantastische Kuchen backen kann. Betsy und Lizard entfernen sich immer weiter voneinander. Als dann etwas Schlimmes in Betsys Leben passiert und sie dringend jemanden an ihrer Seite braucht, ist es ausgerechnet Lizard, die sie im Stich lässt. 

Irgendwie ist es völlig an mir vorbeigegangen, dass es sich bei diesem Buch um einen Versroman handelt. Ich war beim Aufklappen daher etwas überrascht als ich sah, dass die Erzählung ausschließlich in freien Versen verfasst wurde. Normalerweise greife ich zu solchen Bücher nicht ganz so gerne, allerdings habe ich auch schon welche gelesen, die mir gefallen haben und die sich sogar als ein Highlight für mich entpuppt haben. So wie „Die Sprache der Freundschaft“.

Mich hat das Buch mit seinem ausdrucksstarken Erzählstil von den ersten Zeilen an begeistern können. Die Geschichte ist in einer herrlich poetischen Sprache geschrieben, die sich wunderschön liest, und wird mit viel Authentizität aus der Sicht eines 11-jährigen Mädchens geschildert.

Betsy, unsere Protagonistin und Ich-Erzählerin, habe ich direkt in mein Herz geschlossen. Mit ihr hat die Autorin eine bezaubernde Hauptperson erschaffen, die man mit ihrer liebenswerten Art einfach sofort gernhaben muss und der man sich beim Lesen unheimlich nahe fühlt. Ich habe mich von Betsy nur zu gerne in ihre Welt mitnehmen lassen und fand es großartig mitzuerleben, wie sie im Verlauf des Buches an Selbstbewusstsein und Stärke gewinnt und zunehmend erkennt, was im Leben wirklich zählt.

Neben Betsy wurden auch die weiteren Charaktere realistisch gezeichnet und sind auf ihre Art und Weise einzigartig. Da hätten wir zum Beispiel Lizard, die seit der dritten Klasse Betsys beste Freundin ist und die eine ziemlich spezielle Persönlichkeit besitzt. Als sympathisch kann man Lizard eigentlich nicht bezeichnen, mit ihrem tonangebenden und besitzergreifenden Wesen. Ich fand es oft erschütternd zu sehen, wie dominant sie sich gegenüber ihrer Freundin verhält und wie sehr sie sie einengt. Betsy wiederum lässt sich eine lange Zeit viel zu viel gefallen und das, wo ihr durchaus klar ist, dass Lizards Verhalten nicht okay ist. Doch nicht nur zwischen den beiden läuft nicht alles rund – auch bei ihnen zu Hause ist nicht alles eitel Sonnenschein.

Das Buch befasst sich mit so einigen schweren Themen wie toxische Beziehungen, psychische Erkrankungen (Depressionen und Alkoholismus) und das Auseinanderleben von Freunden. Die Stimmung ist insgesamt schon recht ernst, sie wird aber niemals zu drückend oder traurig. Claudia Mills behandelt alles sehr einfühlsam und kindgerecht, sodass die Altersangabe mit ab 10 Jahren in meinen Augen absolut passend ist. Die Geschichte ist zudem stellenweise auch unterhaltsam und lässt einen schmunzeln, was vor allem der kindlichen Unschuld und Weltanschauung unserer Protagonistin zu verdanken ist.

Neben den bereits genannten Themen handelt die Erzählung auch noch von Familie und Freundschaft, von aussterbenden Sprachen und dem Mut, Neues auszuprobieren und man selbst zu sein. Die Story vermittelt eine Menge wertvoller Botschaften und regt zum Nachdenken an und da sie überdies auch viele interessante Fakten über Sprachen enthält und uns vor Augen führt, wie schön und wichtig die sprachliche Vielfalt ist, ist sie auch sehr informativ und inspirierend. Als Schullektüre kann ich mir das Buch nur zu gut vorstellen, meiner Meinung nach ist es dafür ideal geeignet.

Für mich kam beim Lesen an keiner Stelle Langeweile auf. Da nicht nur die Sprachen-Rettungsaktion von Betsy und Lizard für jede Menge Aufregung und Spannung sorgt, sondern auch die Ereignisse bei Betsy zu Hause sowie das Schultheaterstück „Alice im Wunderland“, bei dem unsere Romanheldin mitmacht, reißen einen die Geschehnisse durchweg mit, sodass man mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören mag. Die Geschichte liest sich dank der Verse und den sehr kurzen Kapiteln zudem extrem flott. Ich, als Erwachsene, habe das Buch nahezu in einem Rutsch durchgelesen und leider viel zu schnell beendet.

Fazit: Der US-amerikanischen Autorin Claudia Mills ist mit „Die Sprache der Freundschaft“ ein ganz besonderer Kinderroman ab 10 Jahren gelungen, den ich jedem, egal ob Jung oder Alt, nur ans Herz legen kann. Ich bin vollkommen begeistert von dem Buch. Es erzählt eine fesselnde, ergreifende und lehrreiche Geschichte über bedrohte Sprachen, verlorene und neue Freundschaften und Selbstfindung, es steckt voller Poesie, Ehrlichkeit und Tiefgang und verzaubert uns mit einer wunderbar bildlichen Sprache und viel leckerem Kuchen. Ich habe Betsy nur zu gerne auf ihrem Weg begleitet und vergebe 5 von 5 Sternen!

 

 






Vielen lieben Dank an den Woow Books Verlag für das Rezensionsexemplar!

 


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