Montag, 17. Oktober 2022

[Rezension] NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen! von Natasha Friend

Hardcover
 
Übersetzt von Jessika Komina und Sandra Knuffinke
Ab 14 Jahren
368 Seiten
ISBN: 978-3-7348-5064-6
Erschienen: 12.07.2022

Klappentext:

Nora steht unter Schock. Obwohl sie keinen Tropfen Alkohol getrunken hat, wacht sie nach einem Jahrmarktbesuch halb nackt und vollkommen orientierungslos auf einem Golfplatz auf. Ein Mitschüler hat offenbar Schlimmeres verhindert, als er drei junge Männer in die Flucht geschlagen hat. Nora würde am liebsten alles vergessen, immerhin ist sie ja noch glimpflich davongekommen. Ihre beste Freundin Cam sieht das jedoch anders: Sie will, dass Nora an die Öffentlichkeit geht. Denn so ein Übergriff darf nicht ungestraft bleiben. Als klar wird, dass noch mehr Mädchen betroffen sind und eine Art perverses Spiel hinter den Vorkommnissen steckt, erkennt Nora schließlich: Das Schweigen muss gebrochen werden. Und so bringt eine Kampagne unter den Hashtags #nogame und #schlussmitschweigen die Kleinstadtidylle ins Wanken.

Quelle: Magellan Verlag

Rezension:

Bei einem Blick in das diesjährige Herbstprogramm des Magellan Verlags ist mir „NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!“ sofort ins Auge gesprungen. Das Cover finde ich richtig cool, mir gefiel es auf Anhieb, und da mich auch der Klappentext direkt ansprach, stand für mich sehr schnell fest, dass ich das Buch lesen möchte.

Die 15-jährige Nora Melchionda führt ein Leben, um welches sie viele beneiden. Sie ist hübsch und beliebt und gut in der Schule, sie hat eine tolle beste Freundin, auf die sie sich stets verlassen kann und seit kurzem hat sie auch eine Art Freund. Eine einzige Nacht wird ihr Leben jedoch schlagartig ändern. Nora erwacht halbnackt und ohne Unterhose auf einem Golfplatz und hat nicht die geringste Ahnung, was geschehen ist. Sie weiß nur noch, dass sie auf der Party einer Studentenverbindung war und keinen Tropfen Alkohol getrunken hat. Neben ihr kniet der Außenseiter und Nerd Adam Xu, der offenbar Furchtbares verhindert hat, als er drei junge Männer verjagt hat. Nora möchte den Vorfall am liebsten vergessen, einfach alles verdrängen und darüber schweigen. Sie lebt schließlich in Faber, einer kleinen idyllischen Universitätsstadt, in der nie was Schlimmes passiert und keiner seine Haustür abschließt. Ihre beste Freundin Cam aber ist ganz anderer Meinung: Sie versucht Nora davon zu überzeugen, nach Beweisen zu suchen und an die Öffentlichkeit zu gehen. So ein Übergriff darf nicht totgeschwiegen werden. Cam beginnt schließlich auf eigene Faust die Täter ausfindig zu machen, gemeinsam mit Adam. Als herauskommt, dass noch mehr Mädchen betroffen sind, wird schließlich auch Nora klar, dass sie das Ganze nicht weiter ignorieren kann.

Dies war mein erstes Buch von Natasha Friend und es wird definitiv nicht mein letztes gewesen sein. Zwei ihrer vorherigen Werke durften sogar bereits vor einer ganzen Weile bei mir einziehen, stehen nur leider bis heute ungelesen in meinem Regal. Da mir „NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!“ so gut gefallen hat, hoffe ich nun sehr, dass ich in absehbarer Zeit endlich dazu kommen werde, die beiden Bücher von meinem SuB zu befreien. Auf diese bin ich jetzt nur noch neugieriger geworden.

Mich hat das Buch von Anfang bis Ende begeistern können. Ich habe mühelos in die Geschichte hineingefunden und einmal in ihr versunken, wollte ich am liebsten gar nicht mehr aus ihr auftauchen. Der angenehm flüssige Schreibstil und die kurzen Kapitel haben mich nur so durch die Seiten fliegen lassen und da ich mich der Sogwirkung der Handlung kaum mehr entziehen konnte, habe ich das Buch innerhalb kurzer Zeit beendet.

In meinen Augen hat die US-amerikanische Autorin Natasha Friend mit „NO GAME“ einen gelungenen Jugendroman für Leser*innen ab 14 Jahren aufs Papier gebracht, in welchem sie uns zahlreiche wichtige und aktuelle Themen näherbringt wie sexueller Übergriff und dessen Auswirkungen, den Mut seine Stimme zu erheben und für Gerechtigkeit zu kämpfen, die Ambivalenz der sozialen Medien, Freundschaft, Liebe, Zusammenhalt, Slutshaming und Rassismus. In dem Buch steckt wirklich eine Menge, es wirkt aber an keiner Stelle zu überladen, und obwohl es sich mit vielen sensiblen Dingen befasst und vor allem die Hauptthematik eine ziemlich schwere ist, wird die Story niemals zu drückend oder heftig. Natasha Friend ist die Balance zwischen Ernst und Leichtigkeit hervorragend geglückt und behandelt alles auf eine sehr einfühlsame und genau richtig humorvolle Art und Weise.

Geschildert wird die Geschichte im Wechsel aus vier Perspektiven, jeweils in der dritten Person : Nora, ihre beste Freundin Cam, ihr großer Bruder Asher sowie ihr Mitschüler und Retter Adam Xu. Mir haben die ständigen Sichtwechsel unheimlich gut gefallen. Ich bin generell ein großer Fan dieses Erzählstils und finde, dass er hier ideal gewählt ist.

Auch mit unseren vier vielfältigen Hauptprotagonisten und den Nebenfiguren hat mich die Autorin überzeugen können. Sind sind facettenreich und lebensnah gezeichnet und verhalten sich stets nachvollziehbar. Da hätten wir zum einen die 15-jährige Nora, deren Charakterdarstellung und Entwicklung mir ganz besonders zugesagt hat. Ich habe es als vollkommen glaubhaft empfunden, dass sie die Vorkommnisse zunächst verdrängt und nicht darüber sprechen möchte. Mit der Zeit wird aber noch ein Umdenken in ihr stattfinden, Nora wird schließlich erkennen, dass sie sich mit dem Ganzen auseinandersetzen muss und nicht länger schweigen darf. Die Gründe für diese Wandlung sind verschiedene. Einer davon hat mit ihrem Vater zu tun, der für sie schon immer ein Held war, den sie aber jäh mit völlig anderen Augen zu sehen beginnt. Näher ins Detail gehen werde ich diesbezüglich allerdings nicht, da ich ansonsten vermutlich zu viel von der Handlung verraten würde.

Cam, Adam und Asher mochte ich ebenfalls sehr gerne. Ich fand es wundervoll zu sehen, wie Cam und Adam als Team zusammenarbeiten und gemeinsam versuchen herauszufinden, wer hinter diesen schlimmen Vorfällen steckt. Adam habe ich dabei besonders liebgewonnen, ich fand sein schüchternes und etwas nerdiges Verhalten irgendwie total süß.

Unter den Nebenfiguren war ganz klar Noras kleine Schwester Maeve mein absoluter Liebling. Mit ihrer pfiffigen Art hat sie mir ständig ein Lächeln ins Gesicht gezaubert und da sie meine große Harry Potter-Liebe mit mir teilt, habe ich mich sofort richtig mit ihr verbunden gefühlt.

Auch das Setting hat bei mir punkten können. Die Kleinstadt Faber ist einfach die perfekte Kulisse für die Thematik dieses Buches und da sämtliche Orte sehr anschaulich und bildhaft beschrieben werden, kann man sich alles stets ganz genau vorstellen.

Mir hat „NO GAME“ insgesamt ein sehr emotionales und intensives Leseerlebnis beschert. Ich habe mit unseren Protagonisten mitgefühlt und mitgelitten, ich war an vielen Stellen geschockt, wütend und fassungslos, saß öfters aber auch ganz bewegt und manchmal sogar mit einem Schmunzeln auf den Lippen da. Und da mich die Story, wie weiter oben bereits erwähnt, durchweg packen und fesseln konnte und ich vor allem zum Ende hin ganz gebannt von den Geschehnissen war, habe ich das Buch kaum mehr aus der Hand legen können und es quasi in einem Rutsch durchgelesen.

Den Ausgang der Geschichte fand ich äußerst passend, mich hat er zufriedenstellen können. Ein wenig vermisst habe ich nur einen Anhang mit hilfreichen Telefonnummern und Adressen, an die sich Betroffene wenden können. Einen Stern abziehen werde ich deswegen aber nicht, ich wollte es einfach nur mal erwähnt haben.

Fazit: „NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!“ von Natasha Friend ist so ein Buch, bei dem ich sehr hoffe, dass es eine große Leserschaft erhalten wird. Es erzählt eine wertvolle und authentische Geschichte über Empowerment, die #MeToo-Debatte und weiteren wichtigen Themen, es ist toll geschrieben und schonungslos ehrlich, es rüttelt auf, bewegt und reißt mit und ist definitiv nicht nur ein Roman für Jugendliche ab 14 Jahren, sondern auch für erwachsene Leser*innen. Ich kann „NO GAME - Jetzt ist Schluss mit Schweigen!“ nur empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen!

 

 






 

Vielen lieben Dank an den Magellan Verlag für das Rezensionsexemplar!

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