Montag, 24. Oktober 2022

[Rezension] Der letzte Bär von Hannah Gold

Hardcover
 
Übersetzt von Sylke Hachmeister
Illustriert von Levi Pinfold
Ab 10 Jahren
300 Seiten
ISBN: 978-3-96826-014-3
Erschienen: 19.10.2022

Klappentext:

Auf der Bäreninsel gibt es keine Eisbären mehr. Zumindest erzählt Aprils Vater ihr das, als seine wissenschaftlichen Forschungen sie für sechs Monate zu diesem abgelegenen arktischen Außenposten führen. Doch in einer endlosen Sommernacht begegnet April einem Eisbären. Er ist fast verhungert, einsam und weit von zu Hause entfernt. Fest entschlossen, ihn zu retten, beginnt April die wichtigste Reise ihres Lebens …

Quelle: von Hacht Verlag

Rezension:

Als ich zum ersten Mal von „Der letzte Bär“ hörte, wusste ich sofort, dass ich das Buch lesen muss. Es klang einfach so gut und beim Cover war es bei mir Liebe auf den ersten Blick. Ich ließ das Kinderbuchdebüt von Hannah Gold also nur zu gerne bei mir einziehen.

Die 11-jährige April ist ganz begeistert, als ihr Vater ihr eröffnet, dass sie für sechs Monate auf einer abgelegen kleinen Insel am nordischen Polarkreis leben werden: Die Bäreninsel. Während ihr Dad sich seinen wissenschaftlichen Forschungen in der Wetterstation widmen wird, wird sie die unberührte wilde Natur erkunden und hoffentlich einen Eisbären sehen. Laut ihrem Vater gibt es allerdings aufgrund der voranschreitenden Eisschmelze schon lange keine Eisbären mehr auf der Insel. Doch dann sieht April eines Nachts eine bärenförmige Silhouette am Horizont. Sie begibt sich auf die Suche und findet tatsächlich einen Eisbären. Aber was macht er hier ganz allein auf der Insel, fast verhungert und weit weg von zu Hause? Für April steht sofort fest, dass sie dem Bären helfen muss.

Es gibt solche Bücher, bei denen man einfach schon vor dem Lesen weiß, dass man sie lieben wird. „Der letzte Bär“ war so ein Buch für mich. Ich wusste wirklich schon damals, als ich es zum ersten Mal in der Vorschau sah, dass mir Hannah Gold mit ihrem Erstlingswerk ein neues Herzensbuch schenken wird. Inzwischen habe ich gelesen und tja, was soll ich sagen, ich habe vollkommen richtig vermutet: Ich bin total verliebt in dieses Buch.

Die englische Autorin Hannah Gold hat mit ihrem ersten Roman ein großartiges Debüt aufs Papier gebracht, bei welchem ich sehr hoffe, dass es eine große Leserschaft erhalten und die Aufmerksamkeit bekommen wird, die es verdient. Es steckt einfach so viel Wundervolles und Kostbares zwischen diesen Seiten!

Das Buch erzählt eine herzbewegende Geschichte über die außergewöhnliche Freundschaft zwischen einem einsamen kleinen Mädchen und einem einsamen riesigen Bären. Es handelt von Familie, Liebe, Entschlossenheit und dem Klimawandel, von Trauer, Verlust, Vernachlässigung und Hoffnung. Es führt uns kindgerecht die Auswirkungen der globalen Erwärmung vor Augen (vor allem für die Eisbärenpopulation) und ermutigt und inspiriert einen dazu, selbst aktiv zu werden, um unsere Erde zu schützen. Es verdeutlicht, was für eine starke Bindung wir Menschen zu Tieren haben können, wenn wir ihnen freundlich begegnen und lernen, sie zu verstehen und mit ihnen zu kommunizieren. „Der letzte Bär“ vermittelt wirklich eine Menge, die Story wirkt aber in keinster Weise zu überladen, und obwohl so einige ernste Themen dabei sind, ist die Stimmung niemals zu bedrückend. Die Altersangabe vonseiten des Verlags liegt bei ab 10 Jahren und dem schließe ich mich auf jeden Fall an. Kinder ab diesem Alter werden die Aussagen der Geschichte problemlos erfassen können und in unserer 11-jährigen Hauptprotagonistin April werden sie garantiert eine ideale Identifikationsfigur finden.

April, aus deren Sicht alles in der dritten Person geschildert wird, habe ich auf Anhieb fest in mein Herz geschlossen. Mit ihr hat die Autorin eine bezaubernde Romanheldin erschaffen, die man als Leser*in einfach sofort gernhaben muss. April ist äußerst reif für ihr Alter, besitzt zugleich aber auch noch diese kindliche Neugier und Unschuld, sie ist einfühlsam, tierlieb, clever und authentisch und bewundernswert mutig und tapfer. Sie zeigt uns, dass man niemals zu jung ist, um etwas zu bewirken und dass man alles schaffen kann, wenn man an sich selbst glaubt. Es sollte definitiv viel mehr Aprils auf dieser Welt geben. Ich hoffe sehr, dass viele Kinder (und auch Erwachsene) sich April als Vorbild nehmen werden und wie sie etwas gegen die Klimakrise tun. Wir alles müssen einfach etwas ändern, nur so können wir unseren Planeten retten.

Auch Bär habe ich unheimlich liebgewonnen. Wie die Annäherung zwischen ihm und April und ihre innige Bindung veranschaulicht wird, ist einfach so schön. Mich haben diese Szenen zutiefst berührt.

Mit viel Mut, Geduld und Empathie (und jeder Menge Erdnussbutter) wird April das Vertrauen des Eisbären gewinnen und innerhalb kurzer Zeit wird sich eine tiefgehende Freundschaft zwischen den beiden entwickeln. Natürlich hat sich die Autorin dabei ein paar Freiheiten erlaubt, wie man auch ihrem Nachwort entnehmen kann. Eisbären sind schließlich sehr gefährliche Tiere, auch wenn sie kuschelig aussehen. Dass ein Mädchen und ein wilder Eisbär so vertraut miteinander werden, ist wohl doch eher unwahrscheinlich, aber das ist ja mit das Besondere an diesem Buch: Dieses einzigartige Mischung aus realen Fakten und eigenen fantasievollen Ideen. Es steckt viel Wahres in diesem Buch, wie uns Hannah Gold im Anschluss an die Geschichte verrät. So gibt es die Bäreninsel tatsächlich und auch die Schilderungen bezüglich des Klimawandels sind, leider, grausame Realität.

Neben der Beziehung zwischen Mensch und Tier und der Umweltthematik spielen auch das Vater-Tochter-Verhältnis sowie Trauerbewältigung wichtige Rollen in der Erzählung. Die Mutter unserer Protagonistin ist vor einigen Jahren gestorben. Aprils Dad hat daraufhin Flucht in seiner Arbeit gesucht und verbringt den ganzen Tag nur mit seinen Forschungen. Ich habe sehr mit April mitgefühlt, weil sich ihr Papa nur so wenig um sie kümmert und sie ziemlich auf sich alleine gestellt. Es wird sich aber noch etwas ändern, so viel sei schon mal verraten, und zudem wird auch nur zu deutlich, wie lieb der Vater seine Tochter hat, auch wenn er sie so vernachlässigt.

Auch mit dem Setting hat „Der letzte Bär“ gänzlich bei mir punkten können. Die Geschichte spielt hauptsächlich auf der norwegischen Bäreninsel und da alles überaus bildhaft und stimmungsvoll beschrieben wird, hat man richtig das Gefühl, selbst dort zu sein. Man meint die eisige Kälte und das flauschige Fell von Bär selbst spüren zu können, hat die karge Landschaft der Insel regelrecht vor Augen, die frische arktische Luft in der Nase und Bärs eindrucksvolles Eisbärbrüllen im Ohr.

Wovon ich euch ebenfalls endlos etwas vorschwärmen könnte, ist die Innengestaltung des Buches. Levi Pinfold, der wir auch dieses zauberhafte Cover zu verdanken haben, hat die Erzählung mit zahlreichen ganzseitigen schwarz-weiß Illustrationen versehen, die die Atmosphäre der Geschichte perfekt einfangen und einfach nur zum Träumen schön sind.

Das Ende hat mich ebenfalls zufriedenstellen können. Es ist ergreifend und geht richtig zu Herzen und schließt die Geschichte rundum gelungen ab. Toll fand ich auch den mehrseitigen Anhang hinten im Buch, der uns unter anderem noch einmal die Klimakrise näherbringt und eine Liste mit zehn Energiespartipps enthält. Also für mich hat hier alles gestimmt, ich finde dieses Buch einfach nur perfekt und kann es kaum erwarten, mehr von Hannah Gold zu lesen. Zu meiner großen Freude habe ich auf Goodreads entdeckt, dass die Autorin bereits einen zweiten Roman geschrieben hat: „The Lost Whale“. Hoffentlich wird dieses Buch auch noch ins Deutsche übertragen!

Fazit: Ein beeindruckendes Debüt, das ganz viel begeistertes Brüllen verdient hat!

Der letzte Bär“ ist so ein Buch, welches ich am liebsten vielen Menschen in die Hand drücken möchte, damit sie es lesen. Es erzählt eine tief berührende, ehrliche und wichtige Geschichte über eine ganz besondere herzerwärmende Freundschaft. Es ist wunderschön geschrieben und traumhaft illustriert, es steckt voller bärengroßer Liebe und wertvoller Botschaften und beschert uns ein Abenteuer, das man so schnell nicht mehr vergisst.
Mich hat Hannah Gold auf eine unvergessliche, emotionale Reise mitgenommen. Ich habe April nur zu gerne auf ihrem Weg begleitet und kann jedem, egal ob Jung oder Alt, nur ans Herz legen es mir gleichzutun. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!
 
 
 




 
Vielen lieben Dank an den von Hacht Verlag für das Rezensionsexemplar!

 

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