Klappentext:
Quelle: Thienemann-Esslinger Verlag
Rezension:
Als ich zum ersten Mal von „Die Meisterin der magischen Karten“ hörte, war ich augenblicklich Feuer und Flamme. Bücher, die in osteuropäischen winterlichen Welten spielen und von russischen Sagengestalten handeln, habe ich schon immer gerne gelesen und auch Fantasyromane für Kinder ab 10 Jahren fallen absolut in mein Beuteschema. Hinzu kam natürlich noch das bezaubernde Cover, in das ich mich sofort verliebt habe. Ich zögerte daher gar nicht lange und ließ das Buch bei mir einziehen.
Einst lebten in Zarezvo Menschen und Vögel in friedlicher und freundlicher Nachbarschaft und regierten das Land gemeinsam. Doch dann kam es zum Krieg zwischen ihnen, Zarezvo spaltete sich in das menschliche Zarenreich und die Republik der Vögel und sämtliche Magie wurde verbannt. Als die 13-jährige Olga eines Tages merkwürdige Kräfte in sich spürt, weiß sie, dass sie sie unbedingt geheim halten muss. Wenn jemand erfährt, dass sie Magie in sich trägt und vielleicht sogar eine Yaga ist, würde ihr die Verbannung drohen. Doch dann werden sie und ihre Familie in eine Gegend nahe des Grenzlandes geschickt und ihre jüngere Schwester Mira wird kurz nach ihrer Ankunft von einem Feuervögel entführt. Olga ist sofort klar, dass sie und ihre magischen Fähigkeiten das Einzige sind, das Mira retten kann. Während ihrer Reise durch die unkartierbare Leere wird Olga nicht nur die Wahrheit über den Krieg mit den Vögel entdecken, sondern auch eine Menge über sich selbst herausfinden.
Die australische Autorin Jessica Miller war mir bisher völlig unbekannt - „Die Meisterin der magischen Karten“ war also mein erstes Werk aus ihrer Feder. Es wird auch hoffentlich nicht mein letztes gewesen sein: Mir hat das, was mich zwischen den Buchdeckeln erwartet hat, richtig gut gefallen. Für die volle Sternenzahl hat es mir letztendlich zwar nicht gereicht, aber insgesamt bin ich wirklich begeistert von dem, was die Jessica Miller da Außergewöhnliches aufs Papier gezaubert. In meinen Augen hat sie mit „Die Meisterin der magischen Karten“ ein tollen Kinderroman für Leser*innen ab 10 Jahren geschrieben, in welchem sie gekonnt packende Fantasy und slawische Folkore miteinander verwebt und uns in ein mythisches Reich voller winterlichem Zauber, geheimnisvoller Orte und Düsterkeit mitnimmt.
Da ich für die russische Mythologie irgendwie schon immer eine gewisse Schwäche hatte und vor allem die Yagas mit ihren Häusern auf Hühnerbeinen ganz faszinierend finde, bin ich settingmäßig definitiv auf meine Kosten gekommen. Mit dem Land Zarezvo, in dem die Geschichte spielt, hat Jessica Miller eine einzigartige Welt erschaffen, in der es magische Wesen wie Feuervögel und Hexen gibt und slawische Sagengestalten wie Bannikas und die bereits erwähnten Yagas ihr Unwesen treiben. Es fühlt sich irgendwie stellenweise so an, als würde man ein Märchen lesen und da alles überaus bildlich und stimmungsvoll beschrieben wird, hat man hat die verschneite Wildnis und die hühnerbeinigen Hütten der Yagas buchstäblich vor Augen und meint die frostklirrende Kälte selbst spüren zu können. Vorne im Buch gibt es zudem noch eine wunderschöne detailreiche Landkarte, dank der man sich alles nur noch besser vorstellen kann.
Mit den Charakteren hat mich die Autorin ebenfalls überzeugen können. Alle sind sie liebevoll gezeichnet und sorgen mit ihren unterschiedlichen und teils recht schrägen Eigenschaften für ein herrliches Lesevergnügen. Besonders gut gefallen hat mir unsere 13-jährige Hauptfigur Olga, aus deren Sicht alles in der Ich-Perspektive geschildert wird. Mir war Olga auf Anhieb sympathisch. Sie ist ein sehr aufgewecktes und neugieriges Mädchen, sie ist liebenswert und bescheiden und wird während ihres Abenteuers eine Tapferkeit und Entschlossenheit zutage legen, für die man sie nur bewundern kann. Ich habe unsere Protagonistin sehr schnell in mein Herz geschlossen und mich auch als Erwachsene problemlos in sie hineinversetzen können. So habe ich es beispielsweise nur zu gut verstehen können, dass sie auf ihre jüngere Schwester Mira ziemlich eifersüchtig ist. Mira ist eine fantastische Balletttänzerin, was sie stets gerne zur Schau stellt, sie ist hübsch und anmutig und wird von allen bewundert. Olga dagegen besitzt kein Talent fürs Tanzen und hält sich selbst für nichts Besonderes. Im Verlauf des Buches wird sie aber noch eine großartige Entwicklung durchmachen. Olga wird erkennen, dass auch in ihr außergewöhnliche (und magische) Fähigkeiten schlummern und lernen, sich selbst zu akzeptieren, sie wird sich auf ihrer Reise lauter Gefahren und Herausforderungen stellen, um das zu retten, was sie liebt und dabei über sich selbst hinauswachsen.
Was Olgas Zauberkräfte anbelangt, möchte ich eigentlich gar nicht groß was sagen. Der Klappentext verrät ja bereits, dass sie etwas mit ihrer Leidenschaft für die Kartografie zu tun haben und sie eine starke Bindung zu Landkarten hat, aber wie genau das alles zusammenhängt, müsst ihr schon selbst herausfinden.
Das Einzige, was mir nicht komplett zugesagt hat, ist das Ende. Für mich war es nicht ganz stimmig, keine Ahnung, irgendwie hat es mich ein bisschen unzufrieden zurückgelassen. Es lässt zudem ein paar Dinge offen, sodass ich mir vorstellen könnte, dass es noch eine Fortsetzung geben wird. Also ich hoffe sehr, dass Jessica Miller noch einen Folgeband schreiben wird, ich würde mich total gerne mit unserer mutigen Heldin Olga in ein weiteres Abenteuer stürzen.
Fazit: Atmosphärisch, düster, fantasievoll. Eine wunderbare Geschichte über Mut, Geschwisterliebe und den Glauben an sich selbst.
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