Dienstag, 1. März 2022

[Rezension] Dreivierteltot von Christina Stein

Paperback
 
Ab 14 Jahren
352 Seiten
ISBN: 978-3-7373-5914-6
Erschienen: 23.02.2022

Klappentext:

Auf dem schottischen West Highland Way begegnet Kim dem ebenso attraktiven wie mysteriösen Sky. Er taucht immer dort auf, wo Kim gerade ist, und flirtet auf dreiste Weise mit ihr – obwohl Kim mit ihrem Freund Jon unterwegs ist. Bei Kim schrillen alle Alarmglocken, irgendetwas stimmt hier nicht. Verstärkt wird ihre düstere Ahnung von rätselhaften WhatsApp-Nachrichten, die sie von ihrer besten Freundin Emma bekommt. Sind es Warnungen? Hilferufe? Emma ist nicht zu erreichen. Und dann findet Kim eine Leiche in einem allzu vertrauten Kleid ...

Quelle: S. Fischer Verlage

Rezension:

Mit „Searching Lucy“ hat mich die deutsche Autorin Christina Stein im vergangenen Jahr so richtig vom Hocker hauen können. Auf ihren neuen Jugendthriller „Dreivierteltot“ habe ich mich daher wahnsinnig gefreut. Bei dem Buch habe ich mir sogar gar nicht erst den Klappentext durchlesen müssen, für mich stand einfach sofort fest, dass ich es unbedingt lesen muss.

Die 19-jährige Kim reist zusammen mit ihrem Freund Jon nach Schottland, um sich dort nach dem bestandenen Abi eine kleine Auszeit zu gönnen. Sie wollen auf dem West Highland Way entlang wandern und was eigentlich eine schöne Tour werden sollte, wird sich schon sehr bald in einen wahren Albtraum verwandeln. Jon verhält sich auf plötzlich total anders als sonst, es geschehen auf einmal lauter merkwürdige Dinge und der mysteriöse Sky, der ständig in ihrer Nähe auftaucht, ruft in ihr ein äußerst ungutes Gefühl hervor. Als sie dann auch noch sonderbare WhatsApp-Nachrichten von ihrer Freundin Emma erhält, der Kontakt zu ihr aber jäh abbricht, schrillen bei Kim sämtliche Alarmglocken. Was geht hier nur vor sich? Die Wanderung wird noch albtraumhafter werden, als sie und Jon auf ihrer Wanderung eine Leiche entdecken. Es ist ein Mädchen in einem roten Kleid – ein Kleid, das Kim nur allzu vertraut ist.

Als ich das Cover des Buches das erste Mal sah, hat es in mir sofort das ausgelöst, was bereits die Einbandgestaltung von „Searching Lucy“ bei mir bewirkt hat: Ich habe eine leichte Gänsehaut bekommen und mich von der düsteren Atmosphäre, die es ausstrahlt, wie magisch angezogen gefühlt. Die beiden Bücher ähneln sich optisch zweifellos sehr, allerdings hängen sie nicht überziehen, sie erzählen vollkommen eigenständige Geschichten. Dass man die äußere Aufmachung von „Dreivierteltot“ stark an die des Vorgängers angepasst hat, gefällt mir richtig gut. Es wird einfach auf den ersten Blick klar, dass es sich hierbei um ein Werk aus der Feder von Christina Stein handelt. Und was ebenfalls direkt deutlich wird: In diesem Buch schlummert eine Story, die man vielleicht besser nicht kurz vor dem Einschlafen lesen sollte.

Designmäßig hat „Dreivierteltot“ also schon mal bei mir punkten können. Wie aber schaut es mit dem Inhalt aus?

Um es kurz zu machen: An „Searching Lucy“ reicht der neue Jugendthriller von Christina Stein für mich persönlich nicht komplett heran, aber ich habe dennoch ganz klar das zu lesen bekommen, was ich mir erhofft habe: Eine packende, tiefgründige und äußert raffiniert aufgebaute Geschichte voller Nervenkitzel, Geheimnisse und Unvorhersehbarkeiten. Ich habe insgesamt großartige Lesestunden mit dem Buch verbracht, auch wenn der wirklich große Überraschungseffekt am Ende für mich leider ausblieb.
Obwohl die Handlung echt geschickt gemacht ist und man mit lauter Rätselhaftigkeiten konfrontiert wird, hatte ich irgendwie trotzdem recht früh eine Vermutung, worauf das Ganze in etwa hinauslaufen könnte und diese sollte sich dann tatsächlich auch als richtig erweisen. Da ich jedoch viel in diesem Genre lese und zudem vom Alter her nicht zur eigentlichen Zielgruppe dazu gehöre, kann man sich an mir vermutlich nicht orientieren. Ich gehe sehr davon aus, dass Leser*innen ab 14 Jahren um einiges länger im Dunkeln tappen werden. Dass ich einen wichtigen Teil der Auflösung früh erahnt habe, fand ich natürlich etwas schade, aber groß gestört hat es mich letztendlich nicht. Ein paar Überraschungen hat das Ende dann doch für mich bereithalten können und da mich die Story trotz allem absolut fesseln konnte und ich aus dem Buch gar nicht mehr auftauchen wollte, habe ich es innerhalb kurzer Zeit verschlungen.

Beginnen tut die Handlung allerdings ziemlich unspektakulär und ruhig. Fand ich persönlich überhaupt nicht schlimm, mich hat die Erzählung dennoch vom ersten Augenblick an packen können. Ich kann mir jedoch gut vorstellen, dass der Anfang einigen Leser*innen etwas zu langatmig sein könnte, da zunächst nichts Außergewöhnliches passiert. Da kann ich nur sagen: Bloß nicht abbrechen! Der Plot wird noch superspannend und nervenaufreibend, versprochen, ab einem gewissen Punkt kommt dieser Moment, der plötzlich alles ändert und man mit dem Lesen gar nicht mehr aufhören mag, um endlich die Antworten auf die vielen mysteriösen Geschehnisse zu erhalten. Ordentlich mitfiebern und herumrätseln ist hier definitiv angesagt und da man vieles zunächst ganz anders auffasst und deutet und es erst so nach und nach Klick in einem macht, wird garantiert so mancher öfters zurückblättern, um mit den neuen Erkenntnissen bestimmte Abschnitte noch einmal lesen.

Neben dem Handlungsaufbau hat mich Christina Stein auch mit ihrem Schreibstil wieder überzeugen können. Er ist bildlich, flüssig und mitreißend und genau richtig jugendlich gehalten. Ich jedenfalls habe die Dosierung an Jugendsprache als völlig passend empfunden und fand es zudem auch ziemlich cool, dass viele Sätze in Englisch geschrieben wurden, da dem Ganzen so noch mehr Echtheit verliehen wird.

Auch die Ausarbeitung die Charaktere fand ich ausgesprochen gelungen, allesamt wurden sie facettenreich und glaubhaft skizziert und wirken jederzeit authentisch.

Besonders gut gefallen hat mir Kim, unsere 19-jährige Hauptprotagonistin und Ich-Erzählerin. Kim war mir auf Anhieb sympathisch und da ihre Empfindungen und Gedanken sehr anschaulich und realistisch dargestellt werden, habe ich mich jederzeit mühelos in hineinversetzen können und an vielen Stellen richtig mit ihr mitgefühlt. Kims Reise durch die schottischen Highlands wird unserer Romanheldin viel abverlangen und fraglos nicht so werden, wie sie es sich ausgemalt hat. Allein schon der Beginn der Wanderung wird von einer schlechten Stimmung überschattet, da es ständig zu Streitereien zwischen Kim und ihrem Freund Jon kommt. Dies ist jedoch nichts gegen das, was noch alles folgen wird. Ich habe Kims immer größer werdende Anspannung, ihre Verwirrung und Verzweiflung nur zu deutlich spüren können und mich wie sie gefragt, was es mit den ganzen seltsamen und teils auch gruseligen Vorkommnissen bloß auf sich hat. Wieso verhält sich Jon, der sonst so ein lieber und einfühlsamer Kerl ist, während des Trips so launisch und unfreundlich? Warum ist das Verhältnis der beiden auf einmal so anders als vor der Reise? Wer genau ist eigentlich dieser gutaussehende Sky, der plötzlich auftaucht und sich ziemlich merkwürdig benimmt? Irgendetwas hat er zu verbergen, aber was? Was hat es mit den rätselhaften WhatApp-Nachrichten von Kims Freundin Emma auf sich? Und woher kommen nur Emmas Haarspangen? Hat Kim sie etwa auf die Tour mitgenommen, ohne sich daran erinnern zu können?

Tja, wie ihr seht, werden wir mit wirklich vielen Fragen und sonderbaren Ereignissen konfrontiert. Die Stimmung, die dadurch geschaffen wird, ist einfach nur brillant, so wunderbar geheimnisvoll, düster, beklemmend und schaurig. Bereits in „Searching Lucy“ hat Christina Stein unter Beweis gestellt, dass sie eine wahre Könnerin im Kreieren von bedrohlichen und drückenden Atmosphären ist und in „Dreivierteltot“ zeigt sie uns nun erneut, dass sie das echt voll drauf ist.

Schottland als Setting ist in meinen Augen zudem auch einfach die perfekte Wahl. Das raue Klima dieses Landes verstärkt dieses besondere Gänsehaut-Feeling nur noch. Dass uns die Autorin in ihrem neuen Buch in die schottischen Highlands mitnimmt, hat mich von Anfang an tierisch gefreut, ich lese total gerne Bücher, die in diesem faszinierenden Land spielen. Kulissenmäßig bin ich hier auch definitiv ganz auf meine Kosten gekommen. Die Schauplätze werden klasse beschrieben und dank des bereits erwähnten unheimlichen Ambientes sind mir des öfteren kalte Schauer über den Rücken gelaufen.

Fazit: Fesselnd, emotional, atmosphärisch. Ein echter Pageturner mit Sogwirkung!

Christina Stein hat mit „Dreivierteltot“ einen weiteren genialen Jugendthriller aufs Papier gebracht, der voller Spannung, Tiefe, Schauermomente und Überraschungen steckt und einen von Anfang bis Ende mitreißt. Ich kann das Buch nur empfehlen, ich habe es kaum mehr aus der Hand legen können und so richtig weggesuchtet. Auf die weiteren Werke der Autorin freue ich mich schon sehr!
Von mir gibt es 4,5 – hier gerundet auf 5 von 5 Sternen.
 
 
 
 






 
Vielen lieben Dank an den S. Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar!
 

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