Sonntag, 8. November 2020

[Rezension] Diese eine Lüge von Dante Medema

Hardcover
Übersetzt von Bettina Obrecht
Ab 13 Jahren
384 Seiten
ISBN: 978-3-522-20271-8
Erschienen: 15.10.2020

Klappentext:

 
Die Suche nach dem leiblichen Vater – emotionales Buch fürs Herz für Mädchen ab 13.
Eine Lüge! Delias ganzes Leben basiert auf einer Lüge, denn ihr Vater ist nicht ihr leiblicher Vater. Diese Erkenntnis wirft Millionen von Fragen auf, weckt Wünsche, sät Zweifel. Nichts ist mehr, wie es vorher war. Trost findet das Mädchen nur bei Kodiak, dem Jungen mit der Gitarre, der Gedichte schreibt. Doch er ist auch der Junge mit der dunklen Vergangenheit, vor dem alle warnen …
Ein berührender Roman über die eigenen Wurzeln, Identität und die Liebe in all ihren Facetten

Quelle: Thienemann-Esslinger Verlag

Rezension:

Als ich das erste Mal von „Diese eine Lüge“ hörte, wusste ich einfach sofort, dass ich das Buch lesen muss. Der Klappentext klang einfach so gut und auch das Cover konnte meine Neugierde auf den ersten Blick wecken, obwohl es sehr schlicht gehalten ist. Ich habe allerdings die Erfahrung gemacht, dass es oft gerade diese recht unscheinbar wirkenden Bücher sind, die es in sich haben und unter die Haut gehen. Da solche Geschichten absolut in mein Beuteschema fallen und mir „Diese eine Lüge“ genau so ein Buch zu sein schien, zögerte ich wirklich keine Sekunde lang und ließ es nur zu gerne bei mir einziehen.

Cordelia, genannt Delia, hatte schon immer das Gefühl, dass sie anders ist. Sie fühlt sich in ihrer Familie irgendwie fehl am Platz und hegt schon seit langem den Verdacht, dass sie adoptiert wurde. Als sie für ihr Abschlussprojekt ihrer Schule einen Gentest macht, erhält sie endlich Gewissheit: Ihr Leben basiert auf einer großen Lüge. Ihr Dad ist gar nicht ihr richtiger Dad. Delias leiblicher Vater heißt Jack Bisset, ein ihr völlig unbekannter Mann. Delia ist erschütternd. Trost und Unterstützung bekommt sie von ihrer besten Freundin Sana – und von Kodiak, dem Jungen, in den sie schon seit ihrer Kindheit verliebt ist, von dem sie sich aber immer mehr entfernt hat. Da die beiden Partner bei dem Schulprojekt sind, kommen sie sich nun endlich wieder näher. In den letzten Jahren ist allerdings sehr viel passiert und Kodiak hat nicht mehr den besten Ruf. Delia aber ignoriert die Warnungen der anderen. Sie hört auf ihr Herz, welches weiß, wer Kodiak wirklich ist. Kann sie aber auch herausfinden, wer sie selbst eigentlich ist und wer sie sein möchte?

Anders, eindringlich, fesselnd und ergreifend. Dies sind mal vier Wörter, die „Diese eine Lüge“ in meinen Augen sehr gut beschreiben. Wie ich es mir schon gedacht habe, schlummert zwischen diesen recht unauffälligen Buchdeckeln eine sehr emotionale und bewegende Geschichte, die einen von Anfang bis Ende mitreißt und sehr intensive Lesestunden beschert. Mich zumindest konnte die Handlung von Beginn an in ihren Bann ziehen und einfach nicht mehr loslassen. Ich habe eine unvergessliche Zeit mit diesem Buch verbracht und kann nur sagen: Wundervoll! Unbedingt lesen!

Was mir garantiert besonders lange im Gedächtnis bleiben wird, ist die einzigartige Erzählweise. Zum einen gibt es sehr viele Chat – und E-Mailverläufe, worüber ich mich, als großer Liebhaber von Textnachrichten und Mails in Büchern, unheimlich gefreut habe. Das aber wirklich Besondere sind die Passagen, die wir aus der Sicht unserer Protagonistin Delia erfahren. Ihre Anteile, die den größten Teil der Handlung einnehmen, sind in Versform geschrieben, allerdings ohne sich zu reimen. Normalerweise bin ich eigentlich gar nicht so der Fan von solch einem Erzählstil, aber hier bin hellauf begeistert von ihm. Wie es der Autorin Dante Medema gelungen ist, aus der Sicht von Delia in der Versform zu schreiben, ist einfach nur grandios.

Diese kreative Mischung aus Poesie, E-Mails und Kurznachrichten sorgt für ein sehr abwechslungsreiches und wahrhaftig ungewöhnliches Leseerlebnis - ungewöhnlich auf eine gute Art, versteht sich. Wobei ich gestehen muss, dass ich mich an diesen lyrischen Erzählstil erst gewöhnen musste. Zum Glück ist mir es aber rasend schnell gelungen, mich darauf einzulassen. Klasse dabei fand ich auch, dass durch die Verse und die vielen Chatgespräche oft nur sehr wenig Text auf den Seiten steht. Das mag ich persönlich immer sehr gerne, da dadurch so ein angenehm flüssiger Lesefluss zustande kommt. Dies zusammen mit der immensen Sogwirkung der Story hat schließlich dazu geführt, dass ich das Buch innerhalb eines Tages verschlungen habe.

Da unsere Ich-Erzählerin Cordelia, genannt Delia, selbst leidentschaftlich gerne dichtet, ist die Wahl, ihre Kapitel in lyrischer Form zu erzählen, absolut passend und perfekt. Dante Medema hat es zudem hervorragend geschafft, durch die Verse eine ganz besondere Intensität und Emotionalität zu erzeugen, sodass man sich Delia beim Lesen richtig nahe fühlt.

Delia war mir auf Anhieb sympathisch und da ihr Innenleben sehr einfühlsam und authentisch dargestellt wird, konnte mich jederzeit mühelos in sie hineinversetzen.
Delias Gefühl, dass mit ihr etwas nicht stimmt und sie nicht in ihre Familie passt; ihr Schock und ihre Wut, als sie erfährt, dass sie die ganze Zeit über von ihrer Mutter belogen wurde und ihr Dad gar nicht ihr richtiger Dad ist; ihr Wunsch, ihren leiblichen Vater Jack kennenzulernen; die vielen Fragen, die sich stellt wie „Wer bin ich eigentlich?“, „Was und wie viel habe ich von meinen Eltern geerbt?“ - all das wird wahnsinnig bewegend, glaubhaft und eindrucksvoll beschrieben, sodass man mit Delia immerzu am mitfühlen, mitleiden und mitfiebern ist und extrem nachdenklich gestimmt wird.

Ich habe „Diese eine Lüge“ insgesamt schon als recht traurig und ziemlich ernst empfunden, hatte aber an keiner Stelle das Gefühl, dass die Handlung zu beklemmend oder melancholisch wird. Stellenweise ist sie sogar ein bisschen lustig. Die Textnachrichten, die Delia mit ihrer besten Freundin Sana schreibt, sind teils sehr unterhaltsam, sodass man des öfteren auch mal etwas zum Schmunzeln hat.

Mit Sana leite ich dann auch mal zu den Nebencharakteren über. Nicht nur Delia hat mir unglaublich gut gefallen – auch mit den weiteren Figuren konnte mich die Autorin vollends überzeugen. Allesamt wurden sie wunderbar ausgearbeitet und wirken so schön echt und lebensnah.

Ganz zauberhaft fand ich auch das Ende, welches mich sehr bewegt hat und das ausgezeichnet zum Rest der Geschichte passt. In diesem Buch stimmt einfach alles. Ich bin echt begeistert und hoffe sehr, dass „Diese eine Lüge“ den Weg zu ganz vielen Leser*innen finden wird.

Fazit: Außergewöhnlich, intensiv, packend und berührend. Ein großartiges Buch – spannend, klug und wunderschön geschrieben. Dante Medema ist mit „Diese eine Lüge“ eine ganz fantastische Coming-of-Age-Geschichte geglückt, mit welcher sie mir ein absolutes Lesehighlight beschert hat. Ich bin total fasziniert von meinen ersten Werk aus der Feder von Dante Medema und konnte es gar nicht mehr aus der Hand legen, da ich von der ersten Seite an so gebannt von der Handlung war. „Diese eine Lüge“ ist gefühlvoll, realistisch und so erfrischend anders. Das Buch wird auf eine ganz besondere Art und Weise erzählt und regt sehr zum Nachdenken an. Ein wirklich ganz toller und wichtiger Jugendroman über die eigene Herkunft, Identität, das Gefühl des Andersseins, Freundschaft, Familie, Liebe und Zusammenhalt. Egal ob Jung oder Alt – ich kann „Diese eine Lüge“ jedem nur ans Herz legen und vergebe sehr gerne 5 von 5 Sternen!

 

 





 Vielen lieben Dank an den Thienemann-Esslinger Verlag für das Rezensionsexemplar!

 

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