Montag, 9. November 2020

[Rezension] Mitternacht in Charlbury House von Helen Peters

Hardcover
Übersetzt von Cornelia Panzacchi 
Illustriert von Verena Körting
Ab 10 Jahren
368 Seiten
ISBN: 978-3-522-18515-8
Erschienen: 17.09.2020

Klappentext:

Unheimlich ist es in dem alten Herrenhaus. Und dann taucht mitten in der Nacht auch noch ein Geist auf! Panisch rennt Evi aus dem Schlafzimmer. Doch der Flur sieht plötzlich ganz anders aus. Und auch Evi trägt andere Kleidung. Auf unerklärliche Weise ist sie im Jahr 1814 gelandet. Fortan muss sie als Dienstmädchen Töpfe schrubben, Kamine fegen und Bettpfannen leeren. Nur wenn es ihr gelingt, ein Familiengeheimnis zu lösen, kann sie in die Gegenwart zurückkehren ...

Quelle: Thienemann-Esslinger Verlag

Rezension:

Als ich das erste Mal von „Mitternacht in Charlbury House“ hörte, war es einfach sofort um mich geschehen. Der Klappentext klang so unbeschreiblich gut und von dem umwerfenden Cover fühlte ich mich auf den ersten Blick wie magisch angezogen. Für mich stand daher umgehend fest: Das Buch muss ich unbedingt lesen!

Die Begeisterung der 13-jährigen Evi hält sich sehr in Grenzen, als sie erfährt, dass sie ein paar Tage bei ihrer Patentante in Charlbury House verbringen soll. Irgendwo Nirgendwo, ohne Internet und Fernseher. Echt super. Während sich ihre Mutter in ihren Flitterwochen eine schöne Zeit macht, kann Evi in diesem alten und ziemlich unheimlichen Herrenhaus versauern. Ein Haus, in welchem es eindeutig nicht mit rechten Dingen zugeht. In ihrer ersten Nacht taucht ein Geist am Fenster auf und versetzt Evi in Angst und Schrecken, sodass sie panisch aus dem Zimmer rennt. Aber seltsam, wieso sieht der Flur denn auf einmal so anders aus? Und warum trägt sie plötzlich andere Kleidung? Evi wird sehr schnell klar: Sie hat eine Zeitreise gemacht. Aus unerklärlichen Gründen ist sie im Jahr 1814 gelandet und muss fortan als Dienstmädchen arbeiten. Töpfe schrubben, Kamine fegen, Nachttöpfe ausleeren – Evi sehnt sich nach den Bequemlichkeiten des 21. Jahrhunderts und möchte unbedingt zurück in ihre Zeit. Dafür muss sie allerdings erst ein dunkles Familiengeheimnis lösen. Erst wenn sie Sophia Fane, der Tochter des Hausherrn, zur Flucht verholfen hat, kann sie in die Gegenwart zurückkehren...

Ich liebe historische Abenteuerschmöker, ich liebe spannende Zeitreiseromane und ich liebe Krimi – und Gruselgeschichten. Ihr auch? Nun, dann ich kann nur sagen: Lest unbedingt „Mitternacht in Charlbury House“, denn all das, was ich da eben genannt habe, schlummert zwischen diesen famosen Buchdeckeln.

Mir hat mein erstes Werk aus der Feder von Helen Peters ein zauberhaftes Leseerlebnis beschert. In meinen Augen ist der englischen Autorin mit „Mitternacht in Charlbury House“ eine fantastische Zeitreisegeschichte geglückt, die ganz vieles zugleich ist: Amüsant, lehrreich, warmherzig, ein bisschen schaurig und wahnsinnig packend. Da mich die Handlung von Anfang bis Ende an die Seiten fesseln konnte, habe ich das Buch förmlich verschlungen und es am Ende mit einem ganz verzückten Wow wieder zuklappen können.

Erzählt wird die Geschichte ausschließlich aus der Sicht der 13-jährigen Evi in der Ich-Perspektive. Evi habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Zu Beginn der Geschichte ist sie zwar recht mies drauf, da sie sich von ihrer Mutter abgeschoben fühlt und viel lieber zu Hause bleiben würde als zu ihrer Patentante zu fahren, aber trotz ihrer schlechten Laune muss man Evi einfach gernhaben. Sie wird im Verlauf des Buches zudem eine wundervolle Entwicklung durchmachen, so viel sei schon mal verraten. Überdies wird sie eine Tapferkeit und Stärke zutage legen, für die man sie wahrlich nur bewundern kann. Also ich fand Evi einfach nur klasse und habe sie liebend gerne auf ihrem unglaublichen Abenteuer ins 19. Jahrhundert begleitet.

Mit den weiteren Charakteren konnte mich Helen Peters ebenfalls vollends überzeugen. Evis merkwürdige Patentante Anna, das liebenswerte Dienstmädchen Polly, die gehässige Küchenmagd Alice, der herzliche Robbie, die schlaue Sophia Fane – all diese und die weiteren Figuren wurden absolut authentisch und sehr liebevoll ausgearbeitet und tragen mit ihren unterschiedlichen Eigenschaften dazu bei, dass man unvergessliche Lesestunden mit dem Buch verbringt.

Ganz hingerissen bin ich auch von dem Setting. Mit Charlbury House – egal ob in der Gegenwart oder der Vergangenheit – hat die Autorin eine richtig geniale Kulisse geschaffen. Helen Peters versteht sich zweifellos bestens darin, uns Leser*innen mit ihren bildhaften Beschreibungen ein wahres Kopfkino zu bescheren und durchweg das Gefühl zu geben, live dabei zu sein. Das alte englische Herrenhaus in der Jetzt-Zeit verströmt so ein richtig schönes Spukhausfeeling und das Charlbury House aus dem Jahr 1814 ist einfach nur der Hammer. Helen Peters stellt das damalige Leben enorm anschaulich und detailreich dar, sodass das Buch sehr viel historisches Wissen vermittelt, was mir richtig gut gefallen hat. Die Klassenunterschiede und sozialen Ungerechtigkeiten, die in dieser Epoche herrschten; die mangelnde Hygiene; die harten und körperlich anstrengenden Arbeiten, die die Dienstmädchen damals verrichten mussten – mir hat das alles nur mal wieder vor Augen geführt, wie glücklich für uns schätzen können, dass es heutzutage so etwas Tolles wie Strom, fließend Wasser und freien Zugang zu Bildung gibt. Auch Evi wird die Annehmlichkeiten des 21. Jahrhunderts, die für sie bisher immer selbstverständlich waren, noch sehr zu würdigen wissen. Ihr Aufenthalt im Jahr 1814 wird die 13-jährige sehr verändern. Sie wird bei ihrem Zeitreiseabenteuer über sich selbst hinauswachsen, reifer und vernünftiger werden und lernen, was echte Freundschaft ausmacht.

Neben den wunderbaren Werten und Botschaften kommen natürlich auch die spannenden, geheimnisvollen und überraschenden Momente nicht zu kurz. Wie oben bereits erwähnt, habe ich das Buch quasi inhaliert, da ich es einfach nicht mehr aus der Hand legen konnte und immerzu am mitbibbern war. Auch am Schmunzeln war ich sehr oft, denn die humorvollen Szenen können sich ebenfalls sehen lassen. Dazu dann noch eine Prise Grusel machen das Lesevergnügen einfach nur perfekt.

Vom Verlag wird „Mitternacht in Charlbury House“ ab 10 Jahren empfohlen. Ich muss sagen, dass ich mit dieser Altersangabe ein bisschen hadere. Die Geschichte ist stellenweise etwas ernster und auch Gewalt spielt insgesamt eine recht große Rolle. So wird Evi beispielsweise von der Haushälterin geschlagen. Zu brutal werden diese Szenen natürlich nicht beschrieben, aber für ein Kinderbuch ab 10 Jahren habe ich diese Passagen dennoch als ein wenig unpassend empfunden. Ich persönlich würde das Buch eher ab 12 Jahren empfehlen, aber es kommt natürlich immer aufs Kind selbst an. Das muss man wohl einfach individuell entscheiden.

Womit ich ebenfalls nicht so happy bin, ist die Angabe „für Mädchen“. Das Buch ist definitiv nicht nur für Mädels geeignet – auch für Jungen ist es vollkommen lesenswert. Und Jugendlichen und Erwachsenen kann ich diese wunderschöne Zeitreise – und Abenteuergeschichte ebenfalls nur ans Herz legen!

Fazit: Ein brillantes Zeitreiseabenteuer für Jung und Alt! Helen Peters hat mir mit „Mitternacht in Charlbury House“ ein echtes Lesehighlight, bei welchem ich nur sagen kann: Mega cooles Buch. Unbedingt lesen! Die Geschichte enthält den perfekten Mix aus Spannung, Humor, Krimi und Schaueratmosphäre und ist ungeheuer fesselnd und spannend geschrieben. Sie gibt höchst interessante Einblicke in das 19. Jahrhundert und verdeutlicht somit sehr schön, wie krass die Unterschiede zwischen damals und heute sind. Ein wirklich ein ganz tolles Buch, das einen durchweg mitfiebern lässt, bestens unterhält, sehr nachdenklich stimmt, das Herz erwärmt und einfach nur mächtig viel Spaß macht. Ich bin total begeistert und vergebe nur zu gerne volle 5 von 5 Sternen!

 

 

 






Vielen lieben Dank an den Thienemann-Esslinger Verlag für das Rezensionsexemplar!

 

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