Donnerstag, 29. März 2018

[Rezension] Lieber Feind von Jean Webster

Hardcover
416 Seiten
Ab 14 Jahren
ISBN: 978-3-551-56045-2
Erschienen: 21.03.2018

Klappentext:

Ein Waisenhaus leiten? Sally McBride erklärt ihre beste Freundin Judy für komplett verrückt, als diese ihr die Leitung des John-Grier-Heims übertragen will. Hätte ihr Verlobter nicht schallend gelacht und damit ihren Ehrgeiz geweckt, Sally hätte niemals eingewilligt.
Plötzlich einhundert Kinder zu haben, ist keine leichte Aufgabe! Und die Zustände im Heim sind haarsträubend. Mit Verve geht Sally an die Arbeit, um ihren Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen. Doch dabei macht sie sich nicht nur Freunde. Ihr liebster Feind allerdings ist und bleibt der betreuende Kinderarzt Dr. Robin MacRae.



Rezension:

Von Jean Websters erstem Briefroman „Lieber Daddy-Long-Legs“ war ich hellauf begeistert, daher stellte sich mir auch gar nicht erst die Frage, ob ich ihren zweiten Roman „Lieber Feind“ lesen möchte. Obwohl dieser bereits 1915 das erste Mal erschienen ist, kannte ich diesen schönen Klassiker bisher noch nicht. Dies wollte ich schnellstmöglich ändern, daher habe ich mich auf die wundervolle Neuausgabe von „Lieber Feind“ aus dem Königskinder Verlag schon sehr gefreut.

Sally McBride erklärt ihre beste Freundin Judy für komplett verrückt, als diese ihr eröffnet, dass sie sie als die neue Leiterin des Waisenhauses John-Grier-Heim vorgesehen hat. Sallys Begeisterung hält sich anfangs sehr in Grenzen. Und sie wagt auch zu bezweifeln, ob sie wirklich geeignet für diese wichtige Stellung ist. Auch ihr Verlobter kann über Judys absurden Vorschlag nur laut lachen. Wer weiß, was geschehen wäre, wenn er dies nicht getan hätte, denn sein schallendes Gelächter hat Sallys Ehrgeiz geweckt. Sie willigt daher ein und hatte sie vorher gar keine Kinder, um die sie sich kümmern muss, so hat sie nun gleich über einhundert an der Backe. Und als wäre es nicht schon Arbeit genug, sich um ihre neuen Schützlinge zu kümmern, so muss Sally bei ihrer Anreise auch noch feststellen, dass sich das Heim in einem katastrophalen Zustand befindet. Dies muss geändert werden! Sally möchte ihren Kindern das Bestmögliche bieten, allerdings sind nicht alle erfreut über Sallys neue Pläne. So wäre da zum plötzlich der Kinderarzt Robin MacRae, der regelmäßig ins Heim kommt, um nach den Kindern zu sehen. Er ist Schotte durch und durch und treibt Sally mit seiner Art, die nicht jedermanns Sache ist, des öfteren regelrecht in den Wahnsinn. Er ist wohl von allen ihr liebster Feind und macht ihr das Leben als neue Heimleiterin wahrlich nicht immer leicht…

In Jean Websters ersten Briefroman kamen wir in den Genuss von JudyAbbotts Briefen, die sie an ihren lieben Daddy-Long-Legs schreibt. In dem Folgeband „Lieber Feind“ spielt die liebe Judy ebenfalls eine Rolle, allerdings ist nicht sie dieses Mal die Briefeschreiberin, sondern die Empfängerin.
Wir bekommen in diesem Buch die wundervollen Briefe von Sally MacBride zu lesen, eine gute Freundin von Judy. Anders als in „Lieber Daddy-Long-Legs“, in dem es nur einen Adressaten gab, schreibt Sally an mehrere Leute. Darunter eben auch an Judy, an die sogar die meisten Briefe gehen.

Mir hat es richtig gut gefallen, dass wir so auch indirekt erfahren, wie es mit Judy weitergeht. Antwortbriefe von ihr bekommen wir zwar nicht zu lesen, aber da Sally immer sehr auf die Schreiben ihrer Freundin eingeht, werden wir doch mit recht vielen Infos versorgt.

Neben Judy schreibt Sally auch öfters an den Kinderarzt Robin MacRae, mit welchem sie immer wieder aneinander geregt. Für sie wird er dann auch zu ihrem Feind und spricht ihn sogar in ihren Briefen mit dieser Anrede an. Worüber dieser natürlich alles andere als begeistert ist. ;)

Mir hat „Lieber Feind“ richtig gut gefallen. Wie Judy, so besitzt auch Sally einen wunderbaren Humor, welcher auch sehr stark in ihren Briefen zu finden ist. Ich war beim Lesen immerzu am Schmunzeln und Grinsen, wobei mir, wenn ich die beiden Bücher vergleichen, „Lieber Daddy-Long-Legs“ schon etwas besser gefallen hat. In dem Buch hatte ich einfach mehr Zugang zu der Protagonistin. Sally ist mir natürlich auch sehr sympathisch, aber die liebe Judy ist mir da doch etwas mehr ans Herz gewachsen als Sally.

Dieser Punkt hat aber in keinster Weise dazu geführt, dass ich hier nicht großen Spaß beim Lesen gehabt hätte oder dass ich einen Stern abziehen würde. Für mich ist „Lieber Feind“ auf jeden Fall ein 5-Sterne Buch. Wie schon bei dem Vorgänger, so habe ich mich nun auch hier gefragt, wieso mir die Bücher bis kurzem gar nicht bekannt gewesen waren. Ich bin auf diese erst gestoßen, als der Königskinder Verlag diese wunderschönen Neuausgaben herausgebracht hat. Wer weiß, es kann sehr gut sein, dass ich diese beiden herrlichen Klassiker von Jean Webster vielleicht nie gelesen hätte, wenn diese nicht als Königskinder erschienen wären. Was wäre mir da Wundervolles entgangen! Also, lieber Königskinder Verlag, vielen, vielen Dank, dass ich dank euch nun endlich in den Genuss dieser zwei tollen Bücher kommen durfte!

Lieber Feind“ ist großartig geschrieben! Humorvoll, liebenswert und etwas altmodisch, aber da die Geschichte über hundert Jahre alt ist, ist dieser Stil natürlich absolut passend. Der Schreibstil wird nicht jedermanns Sache sein und auch Sallys trockener Humor ist manchmal etwas eigen. Mir aber hat beides sehr gut gefallen.
Besonders schön fand ich, wie Sally ihre kleinen Schützlinge beschreibt. Unter denen sind nämlich so einige mit speziellen Eigenarten und obwohl Sally manchmal wirklich nicht weiß, wo ihr der Kopf steht und sie Judy in ihren Briefen regelrecht anfleht, doch bitte, bitte eine neue Heimleiterin zu suchen, liebt Sally die Waisenkinder und ihre Arbeit sehr. Das wird in ihren Briefen wirklich nur zu deutlich.

Für alle „Lieber Daddy-Long-Legs“-Liebhaber ist dieses Buch definitiv ein großes Muss! Man muss den ersten Teil übrigens nicht kennen, um in „Lieber Feind“ alles verstehen zu können.
Wer gerne Briefromane liest und auch ein großer Fan von Klassikern ist und zudem nichts gegen bissige Kommentare und einen trockenen Humor hat, dem kann ich dieses Buch sehr ans Herz legen. In meinen Augen ist „Lieber Feind“ nicht nur von außen eine Augenweide (unter dem Schutzumschlag sieht das Buch übrigens ebenfalls wunderschön aus!) - auch dass, was einem zwischen den Buchdeckeln erwartet, ist absolut bezaubernd.

Als letztes möchte ich dann noch die Illustrationen erwähnen. Wie bereits in „Lieber Daddy-Long-Legs“ so werden auch hier einige Szenen im Text mit sehr unterhaltsamen Zeichnungen begleitet, über die ich mich teilweise köstlich amüsiert habe.

Fazit: Ein wundervolles Buch, welches mich hellauf begeistern konnte und mir herrliche Lesestunden beschert hat! Der Vorgänger hat mir zwar ein bisschen gefallen, aber auch „Lieber Feind“ ist in meinen Augen ein großartiges Buch, welches ich absolut empfehlen kann. Es ist humorvoll, charmant und stellenweise wunderbar sarkastisch. Allerdings ist das Buch ab und an auch ernster und regt einem zum Nachdenken an. Mir hat „Lieber Feind“ richtig gut gefallen und ich vergebe volle 5 von 5 Sternen!










2 Kommentare:

  1. Hey! Schön, eine erste Meinung dazu zu lesen. Ich war bei diesem Buch nicht sicher, ob es einfach nur eine "Wiederholung" von Daddy Long-Legs ist und ob es sich lohnt. Daddy Long-Legs fand ich sehr schön, so poetisch. Dieses hört sich nun aber doch ganz gut an, v.a. wenn man noch ein bisschen was über Judy erfährt:) Liebe Grüße, Kathrin von buchsensibel

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  2. Hallo liebe Kathrin,

    eine Wiederholung von Daddy-Long-Legs ist es nicht, nein, es ist eigentlich ein komplett eigenständiges Buch, nur hängt es eben etwas mit dem ersten Briefroman von Jean Webster zusammen. Wenn dir Daddy-Long-Legs so gut gefallen hat, dann wirst du auch von Lieber Feind hellauf begeistern sein. Ich kann dir das Buch wirklich sehr ans Herz legen! :)

    Viele liebe Grüße
    Corinna

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