Montag, 27. September 2021

[Rezension] Baby & Solo von Lisabeth Posthuma

Hardcover
 
Übersetzt von Sophie Zeitz
Ab 14 Jahren
432 Seiten
ISBN: 978-3-446-27119-7
Erschienen: 23.08.2021

Klappentext:

Der Teilzeitjob in einer Videothek verspricht endlich den Neubeginn, den Joel so lange herbeigesehnt hat. Nach jahrelanger Therapie will er die Vergangenheit hinter sich lassen. Seine neue Stelle scheint perfekt dafür: Dort darf er sich sogar einen anderen Namen geben – „Solo“, wie aus seinem Lieblingsfilm Star Wars. Endlich ein unbeschriebenes Blatt sein. Er punktet bei den Kollegen mit Ratschlägen, die er sich von Motivationspostern borgt, und freundet sich mit der schlagfertigen Nicole alias „Baby“ an, die seine Filmliebe teilt. Doch zu einer Freundschaft gehört auch Offenheit, und Nicole ahnt, dass Joel etwas verschweigt. Er muss sich entscheiden: Gibt er mehr von sich preis – oder setzt er ihre Freundschaft aufs Spiel?

Quelle: Hanser Verlag

Rezension:

Als ich das erste Mal von „Baby & Solo“ hörte, wusste ich sofort, dass ich das Buch lesen muss. Es klang einfach so gut und da es vor allem Fans von John Green ans Herz gelegt wird – zu denen ich zweifellos gehöre – zögerte ich wirklich keine Sekunde lang und ließ das Jugendbuchdebüt von Lisabeth Posthuma bei mir einziehen.

Der 17-jährige Joel möchte nur eines in seinem Leben: Normal sein und seine schwere Vergangenheit hinter sich lassen. Er befolgt daher den Vorschlag seines Therapeuten und sucht sich einen Job. Die Stelle in der Videothek ROYO Video scheint einfach nur perfekt für seinen erhofften Neubeginn zu sein. Er darf sich dort sogar einen neuen Namen geben, denn im ROYO Video ist es Tradition, dass sich alle Mitarbeiter nach einer Filmfigur benennen. So wird Joel schließlich für alle zum Han Solo, oder kurz Solo. Mit seinen Kollegen versteht er sich auf Anhieb richtig gut, nur die scharfzüngige und sarkastische Baby scheint ihn zunächst nicht so recht zu mögen, allerdings scheint sie scheint irgendwie niemanden zu mögen. Als sie kurz nach seinem Start im ROYO Video Hilfe braucht und einen ziemlich verzweifelten Eindruck macht, beschließt Joel ihr zu helfen. Die beiden werden daraufhin sehr gute Freunde, doch während Baby viel über sich erzählt, gibt Joel nur wenig über sich preis. Wer ist Solo alias Joel eigentlich? Baby ahnt schnell, dass ihr neuer Freund ihr etwas Wichtiges verschweigt. Ob Joel wohl noch seine Angst überwinden und Baby von seiner Vergangenheit erzählen wird?

Baby & Solo“ war mal wieder so ein Werk, bei welchem ich schon nach wenigen Zeilen wusste: Dieses Buch wirst du ganz bestimmt lieben. Tja, und wisst ihr was? Ich habe mit dieser Vermutung goldrichtig gelegen. Ich habe einfach genau das bekommen, was ich mir von dem Roman erhofft habe: Eine Geschichte, die mich auf die reinste emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle mitnimmt, durchweg mitreißt und nicht mehr loslässt. Solltet ihr gerne, wie ich, zu Jugendbüchern greifen, die schwierige und tiefgründige Themen mit viel Leichtigkeit und Humor behandeln, kann ich euch echt nur nahelegen das Jugendbuchdebüt von Lisabeth Posthuma kennenzulernen.

Baby & Solo“ beinhaltet viele Aspekte, die es in meinen Augen zu einem ganz besonderen Werk machen. Da hätten wir zum einen die Zeit, in der es spielt. Das Buch entführt uns ins Jahr 1996, was ich genial fand. Das Setting war wirklich absolut meins, diesen einmaligen 90er-Jahre-Charme, der dank Dinge wie Videokassetten und alte Film- und Buchtitel aufkommt, habe ich richtig geliebt. Da ich selbst Anfang der Neunziger geboren wurde und daher mit so etwas wie VHS-Kassetten und Telefonzellen groß geworden bin und miterleben durfte wie ein Leben ohne Smartphones, Social Media und Netflix war, musste ich beim Lesen öfters an meine Kindheit denken und bin daher stellenweise ziemlich nostalgisch geworden.

Super fand ich auch, dass die Autorin als Hauptkulisse eine Videothek gewählt hat. Die Atmosphäre, die dadurch geschaffen wird, hat‘s mir irgendwie sofort voll angetan. Aber auch die anderen Schauplätze mochte ich sehr wie beispielsweise das Café von Babys Mum.

Was dieses Buch ebenfalls zu etwas Besonderem macht: Zwischen Joel (alias Solo) und Baby, unseren beiden Hauptfiguren, wird sich keine Romanze entwickeln, sondern eine innige Freundschaft. Für das YA-Genre ist das meinem Empfinden nach ja schon eher untypisch. Also mir hat dieser Punkt echt gut gefallen. Die freundschaftliche Beziehung zwischen Joel und Baby wird wundervoll beschrieben; ich mochte das Zusammenspiel zwischen den beiden unheimlich gerne.

Mit den Charakteren hat mich die Autorin ebenfalls vollends überzeugen können. Manche bleiben zwar recht blass, aber mich persönlich hat dies überhaupt nicht gestört. Ich habe es als vollkommen stimmig empfunden, dass wir über einige Personen nicht allzu viel erfahren und sie daher für uns Leser*innen ein bisschen farblos bleiben. Mir haben wirklich alle Charaktere sehr gut gefallen, sowohl die Haupt- als auch die Nebenfiguren. Manche sind so herrlich schräg drauf, Scarlet zum Beispiel, ist echt eine Nummer für sich, und allesamt sind sie einfach einzigartig. Besonders liebgewonnen habe ich Joel und Baby.

Joel, aus dessen Sicht wir alles in der Ich-Perspektive erfahren, habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Er ist so ein toller und liebenswerter Typ, ich mochte seine sympathische und selbstironische Art auf Anhieb und habe mich jederzeit problemlos in ihn hineinversetzen und sein Denken, Handeln und Fühlen nachvollziehen können. So habe ich es nur zu gut verstehen können, dass er sich aufgrund seiner dunklen Vergangenheit nach einem Neuanfang und Normalität sehnt, zugleich aber auch große Sorge hat, dass ihm dies aufgrund seiner Eigenheiten vielleicht nicht vergönnt sein könnte.

Was genau er durchmachen musste, erfahren wir erst am Ende. Bis zur Enthüllung spricht Joel immer nur von „das Schlimme“. Dass wir diesbezüglich so lange im Dunkeln gelassen werden, hat mir extrem gut gefallen. Die Handlung gewinnt dadurch eine gewisse Spannung, da man die ganze Zeit am überlegen ist, was damals nur Furchtbares passiert sein könnte, dass Joel so dermaßen aus der Bahn geworfen hat. Man ahnt zwar, was es in etwa sein könnte, aber aufgeklärt werden wie gesagt erst am Schluss. Wie die Antwort lautet, werde ich euch hier aber natürlich nicht erzählen. Nur so viel: Ich persönlich hätte eine Triggerwarnung eigentlich gar nicht so schlecht gefunden. Das Buch befasst sich mit teils ziemlich schweren Themen wie psychische Gesundheit und Homophobie und noch so einige weitere, die ich hier aus Spoilergründen lieber nicht nennen möchte.

Auch Baby hat mit Problemen zu kämpfen. Leider kann ich auch da nicht näher ins Detail gehen, da ich ansonsten vermutlich zu viel verraten würde. Das Päckchen, das sie zu tragen hat, ist jedenfalls auch ein äußerst großes.

Zu Babys Charakter möchte ich aber gerne noch ein paar Worte loswerden. Mit ihr hat die Autorin eine außergewöhnliche Figur skizziert. Baby ist tough, schlagfertig und manchmal ziemlich ruppig drauf, gleichzeitig wirkt sie aber auch sehr verletzlich und ist trotz ihrer Kratzbürstgkeit eine echte Sympathieträgerin. Also ich fand Baby klasse.

Zur Handlung kann ich mich ebenfalls nur positiv äußern. Mich hat sie tief bewegt und nachdenklich gestimmt und obwohl gefühlt eigentlich gar nicht so viel passiert und ich die Story als recht ruhig bezeichnen würde, konnte sie mich dennoch so richtig packen und an die Seiten fesseln.

Neben dem Mitfiebern und Mitfühlen bin ich beim Lesen an vielen Stellen auch sehr ins Schmunzeln geraten. Trotz der teils sehr ernsten Themen verströmt die Geschichte eine herrliche Leichtigkeit und steckt voller Witz und Charme. So mochte ich vor allem die humorvolle und jugendliche Erzählweise total gerne und auch der Aspekt, dass Joel uns Leser*innen öfters direkt anspricht, hat gänzlich bei mir punkten können.

Was das Ende angeht, wurde ich ebenfalls nicht enttäuscht. Es hat mich in so mancher Hinsicht sehr überrascht (im positiven Sinne, versteht sich) und absolut zufriedenstellen können. Dies war also mein erstes Buch von Lisabeth Posthuma und es wird hoffentlich nicht mein letztes gewesen sein.

Fazit: Emotional, tiefgründig, witzig und ergreifend. Ein wunderbares und wichtiges Buch, das mitreißt, berührt und nachhallt.

Für mich hat sich „Baby & Solo“ von Lisabeth Posthuma zu einem echten Highlight entwickelt. Ich habe großartige Lesestunden mit diesem Buch verbracht und kann es jedem, der gerne Bücher im Stil von John Green liest und auf 90er Jahre Vibes steht, nur ans Herz legen. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!
 
 
 
 
 





 
Vielen lieben Dank an den Hanser Verlag für das Rezensionsexemplar!
 

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