Sonntag, 7. Februar 2021

[Rezension] Concrete Rose von Angie Thomas

Hardcover
 
Übersetzt von Henriette Zeltner-Shane
Ab 14 Jahren
416 Seiten
ISBN: 978-3-570-16605-5
Erschienen: 25.01.2021

Klappentext:

Der 17-jährige Maverick weiß aus bitterer Erfahrung: Man ist verantwortlich für die eigene Familie. Als Sohn eines Vaters, der im Knast sitzt, dealt er für die King Lords, damit er und seine Mutter über die Runden kommen. Das Leben ist zwar nicht perfekt, aber seine Freundin und sein Cousin Dre machen es erträglich. Doch als Mav erfährt, dass er Vater geworden ist, steht seine Welt Kopf. Sein Sohn Seven ist vollständig auf ihn angewiesen. Schnell begreift Mav, dass er nicht alles unter einen Hut bekommt: den Schulabschluss zu machen, sich um Seven zu kümmern und zu dealen. Der Ausweg: auszusteigen aus dem Gangleben. Doch die King Lords lassen keinen der ihren einfach so ziehen. Und als ein wichtiger Mensch in Mavericks Leben ermordet wird, steht er vor einer Zerreißprobe zwischen Verantwortung, Loyalität und Rache ...

Quelle: cbj Verlag

Rezension:

Mit ihrem Debütroman „The Hate U Give“ und auch mit ihrem zweiten Werk „On The Come Up“ konnte mich die US-amerikanische Autorin Angie Thomas so richtig umhauen. Als ich hörte, dass Anfang diesen Jahres die deutschsprachige Ausgabe der Vorgeschichte zu „The Hate U Give“ zu erscheinen wird, stand für mich daher natürlich sofort fest: Das Buch muss ich unbedingt lesen!

Der 17-jährige Maverick hat es nicht leicht. Seit Vater sitzt im Knast, seine Mutter hat zwei Jobs und versucht sich und ihren Sohn irgendwie über Wasser zu halten und er selbst befindet sich in seinem letzten Highschooljahr. Um seine Mutter zu unterstützen, dealt Maverick für eine Gang: Die King Lords, denen er auf Wunsch seines Vaters beigetreten ist.

Mavs Leben soll sich auf einen Schlag ändern, als bei einem DNA-Test herauskommt, dass er Vater geworden ist. Plötzlich trägt er die Verantwortung für ein Baby, obwohl er selbst noch nicht mal erwachsen ist. Mav merkt schnell: Sich um seinen kleinen Sohn Seven kümmern, seinen Schulabschluss machen und dealen – all das kann er einfach nicht in Einklang bringen. Er fasst schließlich den Entschluss, seinen gut bezahlten Job als Drogendealer aufzugeben. Wo aber soll er jetzt genügend Geld auftreiben? Auch die Frage, wie er nur seiner Freundin Lisa beichten soll, dass er Vater geworden ist, beschäftigt ihn sehr. Als dann auch noch ein wichtiger Mensch in Mavs Leben ermordet wird, muss er sich entscheiden zwischen Vergeltung und Verantwortung.

Da mir, wie oben bereits erwähnt, Angie Thomas‘ vorherige zwei Werke extrem gut gefallen haben, habe ich mir von „Concrete Rose“ natürlich äußerst viel erhofft. Vielleicht zu viel? Nein, zum Glück nicht! Meine Erwartungen wurden vollkommen erfüllt. Angie Thomas hat mich auch mit „Concrete Rose“ so richtig vom Hocker hauen können und ein wahres Lesehighlight beschert. Ich persönlich finde ihr drittes Buch genauso großartig, beeindruckend, relevant und ergreifend wie ihre zwei Vorgänger und kann nur sagen: Unbedingt lesen! Und wer „The Hate U Give“ und „On The Come Up“ noch nicht gelesen haben sollte, sollte das in meinen Augen dringend noch ändern.

An alle, die Angie Thomas‘ Erstlingswerk „The Hate U Give“ nicht kennen und sich nun fragen, ob dessen Kenntnisse erforderlich sind, um dem Geschehen in „Concrete Rose“ folgen zu können: Nein, sind sie nicht. Die Bücher hängen zwar zusammen, können meiner Ansicht nach aber völlig problemlos unabhängig gelesen werden.

Während „The Hate U Give“ von der 16-jähirgen Starr handelt und in der Gegenwart spielt, erzählt „Concrete Rose“ von Starrs Vater Maverick als Teenager und nimmt uns in Jahr 1998 mit, also in eine Zeit, in der Disc- und Walkmans angesagt waren, die Handys noch in den Kinderschuhen steckten und Bill Clinton US-Präsident war.

Mir hat das Setting ausgesprochen gut gefallen. Nicht nur die Epoche mochte ich sehr, auch mit den Schauplätzen konnte Angie Thomas bei mir punkten. Die US-amerikanische Autorin entführt uns erneut in die Garden Heights, ein Viertel, welches von Armut, Hoffnungslosigkeit, Diskriminierung, Gangkriminalität und viel Gewalt bestimmt ist und in dem Drogen und Waffen auf der Tagesordnung stehen.

In dieser Welt ist Mav zu Hause. Wir erfahren alles aus seinem Blickwinkel in der Ich-Perspektive und da es Angie Thomas unglaublich gut gelungen ist, seine Gefühls- und Gedankenwelt anschaulich und glaubhaft darzustellen, konnte ich mich jederzeit spielend leicht in unseren 17-jährigen Hauptprotagonisten hineinversetzen. Sein Handeln konnte ich zwar nicht immer gänzlich nachvollziehen, muss ich gestehen, dies hat mich jedoch in keinster Weise gestört. Im Gegenteil. 

Mav trifft des öfteren etwas unüberlegte und naive Entscheidungen. Er ist zweifellos nicht perfekt und gerade diese Fehler sind es, die ihn so echt machen. Und sympathisch. Also ich fand Mav einfach nur großartig. Er ist ein herzensguter und hilfsbereiter Kerl, er ist einfühlsam, selbstbewusst, schlau, witzig und ein wundervoller Vater. Ich fand es so rührend zu sehen, wie liebevoll er sich um seinen kleinen Sohn Seven kümmert und auch die innige Beziehung zu seiner Mutter hat mir stellenweise richtig das Herz erwärmt. Mav muss man einfach gernhaben.
Und man kann ihn nur bewundern. Bewundern dafür, dass er sich trotz der schwierigen Situation, in der er sich befindet und der vielen Rückschläge, die er einstecken muss, nicht entmutigen lässt und immer die Kraft aufbringt weiterzumachen. Mav mag jung sein, er ist aber beeindruckend stark und beißt sich durch. Er wächst wie eine Rose. Rosen, so wird Mav noch lernen, können unter den schwierigsten Bedingungen wachsen und blühen. Auch uns Menschen kann das gelingen. Wir dürfen nur nie ans Aufgeben und Zweifeln denken.
Diese Gartenmetapher zieht sich durch gesamte Buch – auch in der Danksagung ist sie enthalten. Also ich bin von der Idee dieses Sinnbildes und deren Umsetzung einfach nur begeistert.

Neben Mav konnte mich Angie Thomas auch mit den Nebenfiguren vollends überzeugen. Dass sie eine absolute Könnerin darin ist, lebensnahe Personen zu erschaffen, hat sie bereits in ihren zwei vorherigen Romanen unter Beweis gestellt und auch mit „Concrete Rose“ liefert sie uns ein Buch, in welchem sämtliche Charaktere bemerkenswert real wirken.

Zum Schreibstil kann ich mich ebenfalls nur rundum positiv äußern. Angie Thomas kann schreiben, definitiv. Ihr Sprachstil ist mitreißend, jugendlich und leicht und hat mich durchweg an die Seiten fesseln können. Ein großes Lob hier auch an die Übersetzerin Henriette Zeltner-Shane, die den Text so hervorragend in Deutsche übersetzt hat. Für mich hat sich das Buch wahnsinnig gut lesen lassen – wobei ich zugeben muss, dass ich mich an die vielen Slangbegriffe erst gewöhnen musste. Wie schon in „The Hate U Give“ und „On The Come Up“ so wurde auch hier gar nicht erst versucht, den Ghetto-Slang zu übersetzen, was ich genial finde. Diese besonderen amerikanischen Begriffe machen das Leseerlebnis nur noch authentischer. Sehr gefreut hat mich auch, dass es hinten im Buch ein hilfreiches Glossar gibt, in welchem die wichtigsten Ausdrücke erläutert werden.

Ich habe insgesamt unvergessliche Lesestunden mit dem Buch verbracht. Ich habe es regelrecht verschlungen und wurde dabei auf die reinste emotionale Achterbahnfahrt der Gefühle mitgenommen. Auf eine schonungslos ehrliche Weise führt uns Angie Thomas erneut vor Augen, wie stark das Leben vieler Schwarze in den USA von Rassismus, Entwürdigung, Vorurteilen und Ungerechtigkeit geprägt ist. Ich fand es abermals einfach nur schockierend und traurig zu sehen, wie sehr die dunkelhäutige Bevölkerung in diesem Land diskriminiert wird. Auch die Darstellung der brutalen Gang-Welt ist mir richtig unter die Haut gegangen. Gewalt, Drogen, Rache, sogar Mord – Angie Thomas verharmlost wahrlich nichts. Aber, und das hat mir ganz besonders gut gefallen: Die Handlung wird niemals zu beklemmend und heftig. Sie ist an vielen Stellen sogar erstaunlich unterhaltsam, sodass ich beim Lesen öfters mit einem breiten Schmunzeln auf den Lippen dasaß. Ich finde, dass Angie Thomas‘ diese schmale Gratwanderung zwischen Ernst und Humor wunderbar geglückt ist. Und mit der Art und Weise, wie sie die weiteren Themen des Buches behandelt, konnte sie mich ebenfalls hellauf begeistern.

Freundschaft, Familie, Liebe, Wünsche, Träume, Verantwortung, das Erwachsenwerden – in „Concrete Rose“ steckt eine Menge und Angie Thomas hat es mit Bravour gemeistert, all diese Dinge unter einen Hut zu bekommen und eine Geschichte aufs Papier zu bringen, die noch sehr lange in einem nachklingt.

Fazit: Angie Thomas hat mit „Concrete Rose“ eine wunderschöne und unheimlich wichtige Coming-of-Age-Geschichte geschrieben, mit welcher sie mich auf ganzer Linie überzeugen konnte. Ich liebe die warmherzige, authentische und ehrliche Weise, mit der Angie Thomas viele wichtige und teils sehr schwere Themen anspricht; ich liebe die realitätsnahen Charaktere; ich liebe den Schreibstil und ich liebe Message, die die Story vermittelt. Ein wirklich ganz tolles Buch, das mich durchweg mitgerissen und einfach ich mehr losgelassen hat. Von mir gibt es eine große Leseempfehlung sowie 5 von 5 Sternen!

 

 







Vielen lieben Dank an den cbj Verlag und das Bloggerportal für das Rezensionsexemplar!

 

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