Klappentext:
Quelle: Loewe Verlag
Rezension:
Von der britischen Autorin
Kiran Millwood Hargrave habe ich vor ein paar Jahren ihren
Winterroman „Der Winter des Bären“ gelesen, welcher mir sehr gut
gefallen hat. Meine Neugierde war daher sofort geweckt, als ich von ihrem
neuen Titel „Julia und der Hai“ hörte. Cover und Klappentext
sprachen mich direkt an – für mich stand daher schnell fest, dass
ich das Buch lesen möchte.
Die 10-jährige Julia verbringt zusammen mit ihren Eltern und ihrer Katze Nudel den Sommer auf den Shetland-Inseln. Auf der kleinen Insel Unst wohnen sie in einem alten abgelegenen Leuchtturm, für dessen Licht der Vater ein Computerprogramm schreiben soll. Die Mutter wiederum arbeitet an ihrer Forschung. Julias Mutter ist Meeresbiologin und möchte den Grönlandhai unbedingt finden, der in der Gegend vor kurzem gesichtet wurde. Während sich die Eltern in ihre Arbeit stürzen, lebt sich Julia allmählich auf der Insel ein und freundet sich mit dem Jungen Kin an. Doch dann wird irgendwie alles anders. Die Suche nach dem Grönlandhai war bisher erfolglos und Julias Mutter beginnt sich zu verändern. An manchen Tagen ist sie sehr euphorisch und wirkt fast schon überdreht, an anderen ist sie zu Tode betrübt und scheint alles um sich herum zu vergessen. Julia macht das seltsame Verhalten ihrer Mutter zunehmend Angst. Und sie beginnt sich zu fragen, ob sie die Schuld daran trägt. Um ihrer Mutter zu helfen und ihre Familie davor zu bewahren auseinanderzubrechen, begibt sich Julia auf eine gefährliche Reise...
Dies war also mein zweites Werk von Kiran Millwood Hargrave und wie ich es mir schon gedacht habe, hat es sich als ein echtes Highlight für mich entpuppt. Mir war wirklich schon damals, als ich es zum ersten Mal in der Verlagsvorschau sah, sofort klar, dass es mich begeistern wird und tja, wie gesagt, ich habe damit goldrichtig gelegen.
Bereits auf der ersten Seite wird einem bewusst, dass es sich bei „Julia und der Hai“ um eine außergewöhnliche Erzählung handelt. Die einleitenden Sätze haben durch den poetischen Sprachstil etwas Träumerisches an sich, sodass die realistische Geschichte fast schon ein bisschen magisch wirkt und man gleich zu Beginn in eine faszinierende Atmosphäre eintaucht. Das Setting wird einfach toll beschrieben, überaus bildhaft, sodass man direkt das Gefühl hat selbst vor Ort zu sein, mit dem Rauschen der Wellen im Ohr und der salzigen Meeresluft in der Nase. Verstärkt wird das Ganze noch durch die opulente Gestaltung, aber dazu später mehr.
Auch bei unserer liebenswerten Hauptprotagonistin Julia, aus deren Sicht alles in der Ich-Perspektive geschildert wird, merkt man schnell, dass sie etwas Besonderes ist. Für ihr junges Alter macht sie sich oft erstaunlich kluge Gedanken, was sie manchmal etwas älter als ihre zehn Jahre wirken lässt. Vor allem ihre gelegentliche direkte Ansprache an uns Leser*innen bringt dies sehr gut zur Geltung. Gleichzeitig besitzt Julia aber auch noch recht kindliche Züge und empfindet und verhält sich so, wie man es bei einem 10-jährigen Mädchen erwartet.
Das Buch befasst sich insgesamt mit einigen schwierigen Themen wie mentale Gesundheit, Suizid, Mobbing und Einsamkeit, sodass die Grundstimmung eine recht ernste ist. Da aber alles sehr feinfühlig und kindgerecht behandelt wird, wird die Geschichte an keiner Stelle zu drückend. Es gibt zudem auch viele schöne und rührende Momente, die einem das Herz erwärmen und für eine gewisse Leichtigkeit sorgen. So geht es auch um Familie und Freundschaft, um die Liebe zum Meer und zu den Sternen, um Tiere, Natur und Umweltschutz. Wir erfahren viel über den Grönlandhai, wie zum Beispiel, dass diese Tierart über hundert Jahre alt werden kann, und dürfen auf lauter liebevoll ausgearbeitete Charaktere treffen. Besonders gut gefallen haben mir die Botschaften, die am Ende vermittelt werden, nämlich wie wichtig es ist miteinander zu reden und dass man nicht alleine ist. Es gibt Menschen, die einem helfen, denen man vertrauen kann und die immer für einen da sind.
Neben der Kiran Millwood Hargrave hat auch ihr Ehemann Tom de Frestons eine wundervolle Arbeit geleistet. Seine zahlreichen Zeichnungen sind einfach atemberaubend und fangen die Stimmung der Geschichte perfekt ein. Das viele Grau-Schwarz spiegelt die Traurigkeit der Geschichte gekonnt wider und wirkt zum Ende hin immer bedrohlicher, die knallgelben Farbakzente wiederum symbolisieren die Hoffnung und bringen Licht in die Düsterkeit. Etwas irritiert haben mich nur die Illustrationen von Julia. Aus dem Text geht hervor, dass sie übergewichtig ist, allerdings hat Tom de Frestons sie von schlanker Statur gezeichnet. Vielleicht habe ich aber auch etwas falsch verstanden, keine Ahnung. Einen Stern abziehen werde ich deswegen jedenfalls nicht. Nein, ich bin so begeistert von diesem Buch, in meinen Augen ist es ein echtes Kunstwerk.
Fazit: „Julia und der Hai“ ist ein wertvoller, tiefgründiger und bewegender Roman voller Sprach- und Bildgewalt, den ich aus vollem Herzen nur empfehlen kann. Die Geschichte ist wunderschön und einfühlsam aus der Sicht eines Kindes geschrieben und großartig illustriert, sie ist so ruhig und kraftvoll wie das Meer und traurig und hoffnungsvoll zugleich. „Julia und der Hai“ ist ein ganz besonderes Buch, das man so schnell nicht vergisst. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!
Vielen lieben Dank an den Loewe Verlag für das Rezensionsexemplar!
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