Mittwoch, 15. Februar 2023

[Rezension] Silberregen glitzert nicht von Christine Werner

Hardcover
Ab 11 Jahren
208 Seiten
ISBN: 978-3-95854-197-9
Erschienen: 08.02.2023

Klappentext:

Emely liebt Quizshows und ganz besonders liebt sie es, sich diese gemeinsam mit ihrer Mutter anzuschauen. Ihre Mutter ist für sie die »Königin des Silberregens« beziehungsweise war sie das. Denn statt Fragen zu beantworten, wirft sie momentan eher welche auf. Warum schläft sie so viel? Warum steht sie morgens oft nicht auf? Und wie kann Emely das vor den Nachbarn, Lehrern und ihrem besten Freund Mathis verheimlichen?

 

Quelle: Mixtvision Verlag

Rezension: 

Da mir Christine Werners Jugendbuchdebüt „Blitzeinschlag im TerriTorium“ so gut gefallen hat, war ich sofort Feuer und Flamme, als ich von ihrem neuen Werk „Silberregen glitzert nicht“ hörte. Cover, Titel und Klappentext sprachen mich direkt an – für mich stand daher sehr schnell fest, dass ich das Buch lesen möchte.

Emely ist die Älteste von drei Geschwistern und ein ganz normales Mädchen. Mit ihrem besten Freund Mathis fährt sie oft Skateboard und isst beim Zandonella ein Eis und zusammen mit ihrer Mutter schaut sie sich gerne Quizsendungen im Fernsehen an. Für sie ist ihre Mutter die unschlagbare Königin des Silberregens! Oder zumindest war sie das einmal. In der letzten Zeit ist irgendwie alles anders. Ihre Mutter kommt morgens kaum noch aus dem Bett und schläft fast den ganzen Tag und überall in der Wohnung liegen dieses kleinen Silberpapierchen herum. Da der Vater viel auf der Autobahn unterwegs ist und wegen des dichten Verkehrs oft erst spät nach Hause kommt, muss Emely sich meist um alles kümmern. Mittlerweile ist es ihre Aufgabe, ihre Geschwister in den Kindergarten und in die Krippe zu bringen und einkaufen zu gehen. Emily gibt jeden Tag alles, damit ihre Familie weiter funktioniert und niemandem etwas auffällt. Doch irgendwann wird einfach alles zu viel und Emely beginnt sich zu fragen, ob man manche Geheimnisse nicht vielleicht besser mit anderen teilen sollte.

Wie oben bereits erwähnt, hat mich Christine Werner mit ihrem Jugendbuchdebüt absolut begeistern können. An ihr neues Buch bin ich dementsprechend natürlich mit hohen Erwartungen herangegangen und um euch nicht unnötig auf die Folter zu spannen: Ich wurde abermals nicht enttäuscht! Für mich hat sich auch mein zweites Werk von Christine Werner als ein echtes Lesehighlight entpuppt. Der deutschen Autorin ist es in meinen Augen einfach erstklassig gelungen, ein aktuelles, aber leider viel zu tabuisiertes Thema kindgerecht zu verpacken. Auf eine schonungslos realistische und gleichermaßen verständnisvolle und altersgerechte Weise erzählt Christine Werner in „Silberregen glitzert nicht“ davon, wie es sich auf die Familie auswirkt, wenn ein Elternteil an Tablettensucht leidet. Als Leser*in taucht man tief ein in die Gefühls- und Gedankenwelt der ältesten Tochter Emely ein und erlebt hautnah mit, was für Folgen das Suchtverhalten ihrer Mutter insbesondere für sie hat.

Emely, aus deren Sicht alles in der Ich-Perspektive geschildert wird, war mir auf Anhieb sympathisch und obwohl ich einige Jährchen älter bin als sie, habe ich mich jederzeit mühelos in sie hineinversetzen können. Ich habe richtig mit unserer Protagonistin mitgefühlt und ihr inneres Chaos und ihre stetig wachsende Verzweiflung nur zu gut nachvollziehen können.

Emely schwankt ständig zwischen dem Pflichtgefühl, für ihre jüngeren Geschwister da zu sein, der Sorge, sich nicht gut genug um sie zu kümmern und dem Wunsch, Zeit mit ihrem besten Freund zu verbringen und mit ihm zusammen im Skaterpark neue Tricks zu üben. Auf ihren Schultern wiegt eine wirklich schwere Last, die zunehmend größer wird. Die Mutter hat deutlich mehr schlechte Tage als gute und verlässt nur selten das Bett, der Vater ist wegen seiner Arbeit kaum zu Hause und die Geschwister sind viel zu klein um für sich selbst zu sorgen. Das meiste bleibt somit an Emely hängen, was diese aber zu verheimlichen versucht. Emely ist sich natürlich durchaus im Klaren darüber, dass bei ihr zu Hause gerade mächtig etwas schiefläuft, doch anstatt sich jemanden anzuvertrauen, bemüht sie sich darum, alles nach außen hin normal wirken zu lassen, damit niemand Verdacht schöpft. Den daraus resultierenden Druck für sie kann man als Leser*in nur zu deutlich spüren. Zum einen dank der anschaulichen Darstellung ihres Innenlebens, aber auch der manchmal etwas hastig wirkende Erzählstil mit seinen vielen kurzen Sätzen spiegelt Emelys stressigen Alltag perfekt wider.
Sehr gut gefallen hat mir auch, dass das Problem der Mutter nie so wirklich beim Namen genannt wird. Es gibt nur Hinweise darauf, dass sie an einer Tablettensucht leidet, wie die vielen Silberpapierchen, die überall in der Wohnung herumliegen. Ich persönlich finde, dass dieser Aspekt äußerst gut unterstreicht, wie wenig Emely zunächst wahrhaben möchte, dass ihre Familie Hilfe braucht und wie verloren und überfordert sie sich mit der Situation fühlt.

Ich habe an vielen Stellen zutiefst mit Emely mitgelitten, gleichzeitig habe ich sie aber auch sehr für ihre Stärke bewundert. Ich fand es beeindruckend zu sehen, was sie in ihrem Alter alles schafft und meistert. Sofern ich nichts überlesen habe, wird nicht gesagt, wie alt sie ist, ich jedenfalls habe sie auf etwa 12 Jahre geschätzt. Viel zu jung also, um in die Rolle eines Erwachsenen zu schlüpfen und all das zu tun, was eigentlich die Aufgabe der Eltern ist.

Die Grundstimmung ist aufgrund der ernsten Thematik eine recht traurige, aber da Christine Werner alles mit einer genau richtigen Portion Witz, Gefühl und Leichtigkeit behandelt, wird sie niemals zu bedrückend. So lockern vor allem Emelys Quizfragen, die immer wieder auftauchen, die Handlung gekonnt auf und nehmen dem Ganzen etwas von der Schwere. Und dann wäre da doch noch Mathis, Emelys weltbester Freund, der ebenfalls dazu beiträgt, dass die Geschichte an keiner Stelle zu schmerzlich wird.

So jemanden wie Mathis sollte jeder Mensch in seinem Leben haben. Mathis merkt natürlich irgendwann, dass mit seiner Freundin etwas nicht stimmt und sie etwas vor ihm verbirgt. Mich hat es berührt zu sehen, wie er vorsichtig auf Emely zugeht, wie er zu ihr hält und versucht ihr zu helfen.

Ob Mathis etwas erreichen kann und wie die Erzählung ausgehen wird, werde ich euch hier nicht verraten, das müsst ihr schon selbst herausfinden. Ich, für mich, kann jedenfalls nur sagen, dass ich echt begeistert davon bin, wie Christine Werner dieses große Tabuthema in einem Kinderroman ab 11 Jahren verpackt hat. Emelys Geschichte geht unter die Haut und zu Herzen und sie enthält eine ganz wichtige Botschaft, die betroffenen Kindern Mut machen und Kraft spenden wird: Du bist nicht allein! Es ist okay, wenn etwas nicht okay ist, es ist okay, dir helfen zu lassen. Vertraue dich anderen an, es gibt Menschen, an die du dich wenden kannst und die für dich da sind.

Fazit: „Silberregen glitzert nicht“ von Christine Werner ist so ein Buch, bei welchem ich sehr hoffe, dass es die Aufmerksamkeit erhalten wird, die es verdient. Es erzählt einfach eine so tolle und einfühlsame Geschichte über ein sehr wichtiges Thema, es ist ehrlich und authentisch und wühlt auf, gleichzeitig ist es aber auch sehr bewegend und schenkt Hoffnung und macht Mut. „Silberregen glitzert nicht“ ist ein starkes Buch, welches ich wirklich jedem, sowohl Jugendlichen als auch Erwachsen, nur ans Herz legen kann. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!

 

 






 

Vielen lieben Dank an den Mixtvision Verlag für das Rezensionsexemplar!

 

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