Übersetzt
von Stefan Pluschkat
Ab
11 Jahren
256
Seiten
ISBN:
978-3-7478-0035-5
Erschienen:
04.01.2021
Klappentext:
Es
ist ein ungewöhnlich heißer Sommer, den Vinga bei ihrem Opa auf der
Insel verbringt. Fernab vom Festland, wo Mama immer so traurig ist
und Papa zu Hause nur noch ein Gast. Vinga liebt die Insel! Hier gibt
es nur die Weite des Meeres, Opa und die Schnigge – ein Boot, das
sie über den Sommer seetüchtig machen will. Doch auf einmal steht
Rut vor ihr. Rut, die die Insel hasst und auch sonst das komplette
Gegenteil von Vinga ist. Und da spürt Vinga es im Bauch: so als wäre
alles durcheinander, aber trotzdem irgendwie gut.
Quelle:
Hummelburg Verlag
Rezension:
Als ich das erste Mal von dem
Buch „Warten auf Wind“ hörte, wusste ich sofort, dass ich es
lesen muss. Ein berührender Sommerroman mit einer eigenwilligen
Protagonistin – das klang einfach nach einer Geschichte ganz nach
meinem Geschmack. Da mir auch das Cover auf Anhieb gefiel, zögerte
ich wirklich keine Sekunde lang und ließ das Buch nur zu gerne bei
mir einziehen.
Nichts
liebt Vinga mehr als Zeit bei ihrem Opa auf der Insel zu verbringen,
weit weg von all ihren Problemen. Hier kann sie glücklich sein, hier
gibt es keine traurige Mutter, die mit der neuen Lebenssituation
vollkommen überfordert ist, hier gibt es keinen Papa, der sie und
Mama für seine neue Freundin verlassen hat. Hier gibt es nur das
weite Meer, ihren wunderbaren Opa und das kleine Boot, das Vinga in
diesem Sommer unbedingt seetüchtig machen möchte.
Dieses
Mal ist jedoch etwas anders als sonst. Eines Tages steht plötzlich
Rut vor – ein schwarzhaariges Mädchen in schwarzen Klamotten, das
so ganz anders ist als Vinga. Rut hasst die Insel und das Meer. Sie
will hier gar nicht sein, sondern den Sommer viel lieber in der Stadt
verbringen. Obwohl die Mädchen so verschieden sind, verstehen sie
sich und verbringen immer mehr Zeit miteinander. Es soll
unvergesslicher Sommer für die beiden werden.
Als
ich mit dem Lesen begann, war ich mir bereits nach wenigen Seiten
ziemlich sicher, dass ich mal wieder einen echten Glückstreffer
gelandet habe und mit „Warten auf Wind“ einen ganz besonderen
Roman in Händen halte. Meine anfängliche Vermutung sollte sich dann
auch als goldrichtig erweisen: Mir hat das Buch wunderbare
Lesestunden bereitet.
Oskar
Kroon hat mit „Warten auf Wind“ eine überaus bewegende und
tiefsinnige Geschichte über viele aktuelle und teils sehr ernste
Themen aufs Papier gebracht, für die er meiner Meinung nach zurecht mit dem Augustpreis ausgezeichnet wurde. Ich muss
allerdings sagen, dass ich mich der Altersempfehlung vonseiten des
Verlags nicht komplett anschließen kann. Die Handlung wird sehr
unaufgeregt erzählt wird – ich könnte mir vorstellen, dass sie
für viele Kinder insgesamt zu ruhig ist. Ein weiterer Punkt, der
mich mit der Altersangabe ein wenig hadern lässt und der für mich
auch mehr ins Gewicht fällt, ist die melancholische und teils recht
drückende Stimmung der Geschichte. Vor allem das Ende ist ziemlich
traurig und für so manch jüngere Leser*in vielleicht zu aufwühlend.
Vielleicht unterschätze ich die Zielgruppe auch, keine Ahnung, ich
jedenfalls würde das Buch erst ab 12 oder 13 Jahren empfehlen.
Erfahren
tun wir alles aus der Sicht von Vinga in der Ich-Perspektive. Vinga
habe ich sofort in mein Herz geschlossen und dank der gewählten
Erzählform ist es mir von von Beginn an mühelos geglückt mich in
unsere Hauptprotagonistin hineinzuversetzen.
Vingas
Frust und Wut, weil ihr Vater sie und ihre Mama für diese doofe
Angelica verlassen hat; ihre Traurigkeit, weil sie ihren Papa so
vermisst; ihr Gefühl, anders zu sein; ihre Einsamkeit; ihre riesige
Freude darüber, endlich wieder bei ihrem geliebten Opa auf der Insel
sein zu können; ihre Liebe zum Meer; ihre verwirrenden Empfindungen
bezüglich Rut; ihr großer Schmerz am Ende der Geschichte – all
dies beschreibt der Autor auf eine sehr anschauliche, empathische und
glaubhafte Weise, sodass man das Fühlen und Denken unserer
Romandheldin jederzeit verstehen und nachvollziehen kann. Mich haben
Vingas Gedankengänge und die Art und Weise, wie sie ihre Umwelt
wahrnimmt, unheimlich bewegt und fasziniert.
Auch
mit den Nebenfiguren konnte mich der Autor überzeugen. Da hätten
wir zum Beispiel Vingas Großvater, ein etwas kauziger, aber total liebenswerter Kerl, und natürlich Rut, das Mädchen, das
so ganz anders ist als Vinga. Die Zwei sind wahrlich ziemliche
Gegensätze, passen aber vermutlich gerade deswegen so gut zusammen.
Bezüglich Rut muss ich gestehen, dass sie mir nicht so wirklich
sympathisch war, aber wie die langsame Annäherung der beiden Mädchen
beschrieben wird, hat mir ausgesprochen gut gefallen.
Ganz
angetan bin ich auch von dem Schreibstil. Die Geschichte ist in einer
beeindruckend bildhaften Sprache geschrieben, die ruhig und kraftvoll
zugleich ist und einem richtiggehend das Gefühl gibt, selbst vor Ort
zu sein. Man meint beim Lesen die Hitze des Sommers regelrecht spüren
und das Kreischen der Möwen und Rauschen der Wellen buchstäblich
hören zu können.
Mit
dem Setting konnte das Buch definitiv vollends bei mir punkten. Mir
hat die Kulisse wahnsinnig gut gefallen und auch von der Atmosphäre,
die eine einzigartige Mischung aus Melancholie und sommerlicher
Leichtigkeit enthält, bin ich richtig begeistert.
Da
mich die Handlung durchgehend mitreißen konnte, sich der Schreibstil
super angenehm für mich hat lesen lassen und die Kapitel sehr kurz sind, bin ich nur so durch die Seiten geflogen und
obwohl das Ende ein recht trauriges ist, habe ich das Buch mit einem
glücklichen Gefühl wieder zuklappen können.
Fazit:
Einfühlsam, authentisch, außergewöhnlich. Eine tief berührende
und nachdenkliche Geschichte über Freundschaft, Liebe,
Selbstfindung, die Trennung der Eltern, Verlust und Veränderungen.
Oskar
Kroon hat mit „Warten auf Wind“ einen ganz besonderen
Coming-Age-Roman geschrieben, der leise und stürmisch zugleich ist,
eine gelungene Mischung aus Tiefgang, Emotionen, Ernst, Unterhaltung
und sommerlicher Unbeschwertheit enthält und wunderschön
geschrieben ist. Mir hat das Buch ein bezauberndes
Leseerlebnis beschert. Ich kann es nur empfehlen und vergebe 4,5 –
hier gerundet auf 5 von 5 Sternen!
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