Klappentext:
Quelle: Woow Books Verlag
Rezension:
Als ich das erste Mal von dem Buch „Ein Lied für Blue“ hörte, wusste ich sofort, dass ich es lesen muss. Der Klappentext klang einfach so gut und beim Cover war es bei mir Liebe auf den ersten Blick. Ich ließ es also sehr gerne bei mir einziehen.w
Eine Welt ohne jegliche Geräusche – für die 12-jährige Iris ist das völlig normal. Sie ist schon gehörlos zur Welt gekommen, was sie allerdings nie von irgendetwas abgehalten hat. Manchmal fühlt sie sich jedoch ziemlich allein und unverstanden. Vor allem seit ihr Großvater verstorben ist, der wie die Großmutter ebenfalls taub war, überfällt Iris oft eine große Einsamkeit. Glücklich und zu Hause fühlt sie sich eigentlich nur noch in ihrer Elektronikwerkstatt, in welcher sie am liebsten an alten Radios herumschraubt.
Es gibt diese Bücher, bei denen man einfach schon nach wenigen Seiten weiß, dass man sie lieben wird. „Ein Lied für Blue“ ist so ein Buch für mich. Für mich hat sich mein erstes Werk aus der Feder der US-amerikanischen Autorin Lynne Kelly zu einem echten Highlight und Herzensbuch entpuppt. Bei diesem Schätzchen hoffe ich sehr, dass es viel Aufmerksamkeit erhalten wird; es erzählt einfach eine so wundervolle und emotionale Geschichte über viele tiefgründige Themen und steckt voller wichtiger Botschaften. In meinen Augen hat es eine große Leserschaft mehr als verdient.
Familie, Freundschaft, Selbstfindung, Verlust, Trauer, Einsamkeit, die Vielfalt der Kommunikation und das Hinauswachsen über sich selbst – von all diesen Dingen handelt die Geschichte. Es lehrt uns zudem viel interessantes Wissen über Wale und Akustik und gibt uns einen einfühlsamen und authentischen Einblick in die Welt von Gehörlosen. Was letzteres angeht, kann ich nun natürlich nicht sicher sagen, ob alles wirklich realistisch dargestellt wird, da ich mich mit Gehörlosigkeit nie groß beschäftigt habe. Ich gehe aber fest davon aus, dass dem so ist, schließlich arbeitet die Autorin Lynne Kelly seit vielen Jahren als Gehörlosendolmetscherin und kennt sich dementsprechend sehr gut mit der Thematik aus.
Geschildert wird alles größtenteils aus der Sicht der 12-jährigen Iris in der Ich-Perspektive. Iris war mir auf Anhieb sympathisch, sie ist clever, mutig, witzig und aufgeweckt und wirkt jederzeit vollkommen lebensecht. Mit ihr hat die Autorin eine starke Hauptprotagonistin erschaffen, die man als Leser*in einfach sofort gernhaben muss und in die man sich dank der empathischen Darstellungsweise ihrer Empfindungen und Gedanken mühelos hineinversetzen kann. Bei mir zumindest war es so. Ich habe Iris ganz fest in mein Herz geschlossen, mich jederzeit in sie hineindenken können und richtig mit ihr mitgefühlt, mitgelitten und mitgefiebert.
Iris hat es oft nicht leicht im Leben. Sie ist gehörlos auf die Welt gekommen, hat aber bis auf ihre Großeltern und ihren besten Freund, die ebenfalls taub sind, und ihren Gehörlosendolmetscher in der Schule kaum Kontakt zu anderen gehörlosen Menschen. In ihrem näheren Umfeld beherrscht kaum jemand die Gebärdensprache, selbst ihr Vater hat sie nie flüssig gelernt. Iris fühlt sich daher ziemlich oft missverstanden, allein und verloren, allen voran in ihrer Schule, die keine spezielle für hörbehinderte Schüler*innen ist.
Neben Iris haben mir auch die Nebenfiguren ausgesprochen gut gefallen, allesamt wurden sie vielschichtig und glaubhaft ausgearbeitet. Besonders liebgewonnen habe ich Iris‘ Grandma, die seit dem Tod des Großvaters ebenfalls ein sehr isoliertes und trauriges Leben führt. Auf der Kreuzfahrtreise, die sie gemeinsam mit Iris machen wird, wird die Großmutter aber endlich wieder lebensfroher werden. Mitzuerleben, wie Iris‘ Grandma aufblühen wird, hat mich richtig glücklich gemacht, mir ist da ganz warm ums Herz geworden.
Tief bewegt haben mich auch die wenigen und sehr kurz gehaltenen Kapitel, die aus dem Blickwinkel von Blue 55 geschrieben sind. Von der Idee, uns Leser*innen auch Einblicke in die Gefühlswelt des Wales zu geben, war ich sofort völlig begeistert, ich finde sie großartig und rundum gelungen umgesetzt.
Richtig klasse finde ich auch den Anhang, der im Anschluss an die Erzählung folgt. In diesem befinden sich unter anderem einige Zeichnungen, die uns die Gebärdensprache näherbringen, sowie ein etwas längeres Nachwort der Autorin, in welchem sie uns mehr über ihre Erfahrungen mit Gehörlosen erzählt und von dem real existierenden Wal 52 Blue berichtet, der sie zu dieser Geschichte inspiriert hat.
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