Klappentext:
Quelle: Magellan Verlag
Rezension:
Als ich zum ersten Mal von dem Kinderroman „Nenn mich Löwe“ hörte, stand für mich sofort fest, dass ich ihn lesen möchte. In das Cover habe ich mich auf den ersten Blick verliebt und der Klappentext klang nach einer total schönen Geschichte. Ich ließ das Buch also nur zu gerne bei mir einziehen.
Der 10-jährige Leo ist ein liebenswerter und kluger Junge. Er hat eine wunderbare Mutter, zwei tolle große Geschwister und einen treuen Hund. Und er hat einen großen Traum: Er möchte eines Tages in dem Musical „Der König der Löwen“ auftreten. Was Leo aber nicht hat: Freunde. Wie gerne hätte er einen richtigen Freund, aber sein selektiver Mutismus lässt diesen Wunsch in eine scheinbar unerreichbare Ferne rücken. Leo schafft es nicht vor anderen Menschen zu sprechen, nur zu Hause, innerhalb seiner Familie, wo er sich beschützt, geliebt und verstanden fühlt, kann er normal reden. Doch dann zieht die gleichaltrige Richa während der Sommerferien in das Nachbarhaus ein und zu Leos Überraschung scheint es sie nicht zu stören, dass er auf keine ihrer Fragen antwortet und nie ein Wort zu ihr spricht. Richa plappert genug für sie beide. Die zwei Kinder freunden sich an und nehmen gemeinsam während ihrer Ferien an einem Tanzkurs teil. Leo möchte seiner neuen Freundin unbedingt erklären, warum er nicht sprechen kann. Er schreibt ihr daher einen Brief, aber Richa reagiert irgendwie ziemlich anders als erwartet. Sie vertraut ihm schließlich an, dass sie nie das Lesen und Schreiben gelernt hat. Als Leo dies erfährt, wird ihm klar, dass Richa seine Unterstützung genauso sehr braucht wie er ihre. Kann er seiner Freundin bei ihrem Problem helfen? Wird es ihm mit Richas Hilfe gelingen, sich seinen Traum zu verwirklichen? Wird er den Mut finden, vor Publikum zu tanzen?
Als ich mit dem Lesen begann, ist mir bereits nach der ersten Seite klar geworden, dass ich mit „Nenn mich Löwe“ etwas ganz Besonderes in Händen halte – etwas, das ich von Anfang bis Ende lieben werde. Mein erster Eindruck sollte mich auch nicht getäuscht haben: Für mich hat sich der Debütroman von Camilla Chester als ein neues Herzensbuch entpuppt. Bei diesem Buch hoffe ich sehr, dass es den Weg in die Hände vieler Leser*innen finden wird. In meinen Augen hat es ganz viel Aufmerksamkeit verdient.
Geschildert wird alles aus der Sicht des 10-jährigen Leo in der Ich-Perspektive. Mit ihm hat die Autorin einen bezaubernden und außergewöhnlichen Protagonisten erschaffen, ich habe ihn sofort fest in mein Herz geschlossen. Da man durch die Erzählweise ganz dicht dran ist an Leos Empfindungen und Gedanken, erlebt man seine Emotionen und seine Art zu denken und zu fühlen hautnah mit. Seine Erzählungen lesen sich oft herzzerreißend, zugleich aber auch wunderschön. Mir tat es so leid zu sehen, wie sehr Leo unter seinem selektivem Mutismus leidet. Er möchte so gerne mit anderen Leuten kommunizieren, kann es aber einfach nicht. Er wünscht sich nichts mehr, als einen richtigen Freund, damit er sich endlich nicht mehr so einsam fühlt, aber wie soll das gehen, ganz ohne Worte?
Mit der gleichaltrigen temperamentvollen Richa hat die Autorin einen ziemlichen Gegensatz zu unserem Ich-Erzähler entworfen. Während Leo meist schweigt, redet Richa oft ohne Punkt und Komma. Während er sehr ruhig ist, sprudelt sie förmlich über vor Energie. Und während er gerne liest, hat sie noch nie ein Buch beendet. Denn Richa kann gar nicht lesen und schreiben. Mitzuerleben wie sich die beiden Kinder annähern und lernen einander zu vertrauen, wie sie sich ergänzen und gegenseitig bei ihren Problemen helfen, lässt einen richtig das Herz aufgehen.
Neben unseren beiden jungen Held*innen fand ich auch Leos Familie absolut großartig. Seine Mutter und seine beiden älteren Geschwister Rob und Becka sind immer für ihr Nesthäkchen da. Sie verstehen Leo, unterstützen ihn vorbehaltlos und lieben ihn so wie er ist. So eine verständnisvolle und hilfsbereite Familie sollte einfach jeder haben.
Ob das Ganze wirklich realistisch dargestellt wird, kann ich, die vorher kaum etwas über selektiven Mutismus wusste, nun natürlich nicht sicher sagen. Ich gehe aber fest davon aus, dass dem so ist. Es fühlt sich einfach alles so echt an. Ich habe Leos Handeln und das Verhalten der anderen Charaktere jederzeit nachvollziehen können und eine Menge Neues dazu gelernt. Und obwohl sich die Handlung mit ernsten Dingen befasst, hat sie mich richtig glücklich gemacht und immerzu ein Lächeln ins Gesicht gezaubert. Camilla Chester ist es hervorragend gelungen, schwere Themen auf eine authentische und zugleich sehr leichte und liebevolle Weise zu verpacken. Für Kinder ab 9 Jahren ist das Buch auf jeden Fall geeignet und auch für den Schulunterricht kann ich es mir nur zu gut vorstellen. Deutlich älteren Leser*innen kann ich Camilla Chesters Debüt aber ebenfalls nur ans Herz legen. Es ist definitiv für Jedermann, ganz egal welchen Alters, eine bereichernde und kostbare Lektüre.
Auch das Ende fand ich unglaublich schön, da es die Geschichte perfekt abschließt. Dazu dann noch die zauberhaften schwarz-weiß Zeichnungen von Irina Avgustinovich an den Kapitelanfängen machen dieses Buch zu einem echten Schatz.
Fazit: „Nenn mich Löwe“ ist mal wieder so ein Buch, das ich am liebsten vielen Menschen in die Hand drücken möchte, damit sie es lesen und hoffentlich so sehr lieben und verstehen wie ich. Zwischen diesen Seiten steckt einfach so viel Wundervolles. „Nenn mich Löwe“ ist ein herzerwärmendes, wertvolles und löwenstarkes Buch, das auf eine gleichermaßen ehrliche und einfühlsame Art und Weise die Themen selektiver Mutismus und Analphabetismus behandelt. Es erzählt von einem unvergesslichem Sommer und einer ganz besonderen Freundschaft, die auch völlig ohne Worte auskommt. Von mir gibt es eine große Herzensempfehlung und sehr gerne 5 von 5 Sternen!
Vielen lieben Dank an den Magellan Verlag für das Rezensionsexemplar!
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