Dienstag, 11. Januar 2022

[Rezension] Quiet Girl: Geschichten einer Introvertierten von Debbie Tung

Hardcover
 
Übersetzt von Katharina Hartwell
Ab 14 Jahren
184 Seiten
ISBN: 978-3-7432-1079-0
Erscheinungstermin: 12.01.2022

Klappentext:

Leises Mädchen – Laute Welt
Debbie geht nicht gerne unter Leute. Sie schreibt lieber Textnachrichten als zu telefonieren und steht auf Partys immer abseits. Ein perfekter Tag ist für Debbie, wenn es draußen regnet und sie mit einer Tasse Tee und einem Buch auf dem Sofa liegen kann. Natürlich fragt sie sich, ob etwas mit ihr nicht stimmt. Aber sie ist eben einfach glücklich mit sich selbst. Und mit Jason, der sie so akzeptiert, wie sie ist. Auch ohne viele Worte. Was soll daran verkehrt sein?
Quiet Girl erzählt in warmherzigen Dialogen und mit ausdrucksstarken Bildern eine einfühlsame Geschichte für alle, die einfach mal die Welt leise drehen wollen.

Quelle: Loewe Verlag

Rezension:

Als man mir im vergangenen Jahr das neue Frühjahrsprogramm des Loewe Verlags vorstellte und ich das erste Mal von dem Comic „Quiet Girl“ hörte, war ich augenblicklich Feuer und Flamme. Der Klappentext klang einfach so gut und von dem Cover habe ich mich wie magisch angezogen gefühlt, trotz dessen Schlichtheit und recht tristen Farbgebung. Für mich stand sofort fest: „Quiet Girl“ muss ich unbedingt lesen.

Debbie ist eine freundliche und ruhige junge Frau, die nichts mehr liebt als in Bücher einzutauchen und Zeit alleine zu verbringen. Gemütlich zu Hause auf dem Sofa sitzen, mit einem guten Buch und einer warmen Tasse Tee, so schaut ein perfekter Tag für Debbie aus. Sich mit anderen Leuten treffen, neue Menschen kennenlernen, auf Partys gehen, Smalltalk machen, telefonieren – all das ist für sie ein wahres Grausen. Unter Menschen sein strengt Debbie ungeheuer an und laugt sie richtig aus. Eine lange Zeit fragt sie sich, ob mit ihr etwas nicht stimmt, aber irgendwann erkennt sie, dass mit ihr alles okay ist. Sie lernt ihre Introvertiertheit zu akzeptieren und findet Wege in der lauten Welt zurechtzukommen. Eine große Unterstützung ist ihr dabei ihr verständnisvoller Freund und späterer Ehemann Jason, der das perfekte Gegenstück zu ihr ist und sie so liebt, wie sie ist.

Ich glaube, ich habe selten ein Buch gelesen, bei welchem ich mich so gut mit der Hauptfigur identifizieren konnte wie es bei „Quiet Girl“ der Fall war.

Die Protagonistin Debbie, von der diese Graphic Novel handelt, lebt in so vielen Dingen mein Leben: Ihre Scheu und Angst davor Zeit mit anderen Menschen zu verbringen und neue Leute kennenzulernen; die viele Kraft und Energie, die es sie kostet, wenn sie sich in der lauten Welt aufhält; ihre Abneigung gegen Smalltalk, Partys, telefonieren und Gruppenarbeit; ihre ständige Sorge, dass andere sie für sonderbar halten; ihre große Leidenschaft für Bücher – That‘s me, thats‘s my live. Ich habe mich wirklich unglaublich gut in Debbie hineinversetzen können und ich gehe sehr davon aus, dass es allen anderen schüchterneren und zurückhaltenden Leser*innen ähnlich oder genauso ergehen wird. Introvertierten Personen kann ich „Quiet Girl“ definitiv ganz besonders ans Herz legen, man fühlt sich beim Lesen einfach so gut verstanden und weniger allein mit seinen Selbstzweifeln. Allen anderen kann ich diesen Comic aber natürlich ebenfalls nur empfehlen. Er hilft Außenstehenden dabei menschenscheue und sensible Menschen besser zu verstehen und taktvoll mit ihnen umzugehen.

Mich hat Debbie mit „Quiet Girl“ auf ganzer Linie überzeugen können. Ich liebe die Art und Weise, mit der die Thematik Introvertiertheit behandelt wird, ich liebe den außergewöhnlichen Zeichenstil und ich liebe Message, die die Story vermittelt. Mit viel Witz und Feingefühl gibt uns Debbie Tung einen authentischen Einblick in das Leben einer introvertierten jungen Frau und sie bringt uns eine ganz tolle und wichtige Botschaft näher: Sei stets du selbst und steh zu deinen Eigenschaften und Besonderheiten, lass dich für andere nicht verbiegen. Es ist okay, introvertiert zu sein. Es ist okay, wenn du lieber alleine bist, anstatt unter Leute zu gehen. Es ist okay, lieber zu denken statt zu reden. Du bist okay so wie du bist.

Quiet Girl“ umfasst insgesamt drei Jahre von Debbies Leben, angefangen von ihrem letzten Collegejahr bis zu ihrem ersten Job. Es wird allerdings keine richtige fortlaufende Geschichte erzählt – der Comic enthält viele verschiedene kurze Episoden und ich habe jede einzelne von ihnen zutiefst genossen.

Für mich hat sich „Quiet Girl“ wunderbar (und leider viel zu schnell) lesen lassen. Durch den locker-leichten Erzählstil, den hohen Bildanteil und die geringe Menge an Text fliegt man einfach nur so durch die Seiten und kann gar nicht anders als den Comic in einem Rutsch wegzusuchten.

Auch mit unserer Hauptprotagonistin hat das Buch auf Anhieb bei mir punkten können. Debbie ist sympathisch, liebenswert, total buchverrückt und so echt, ich habe sie sofort fest in mein Herz geschlossen. Dass ich mich bemerkenswert gut in sie hineinfühlen konnte, habe ich euch ja bereits erzählt, ich habe mich wirklich in sehr vielen Dingen in ihr wiederfinden können. 


In mir hat „Quiet Girl“ die verschiedensten Gefühle ausgelöst. An vielen Stellen habe ich richtig mit Debbie mitgelitten. Sie setzt sich selbst extrem unter Druck und macht sich ständig einen Kopf darum, was andere Menschen wohl von ihr denken. Ich fand es traurig zu sehen, dass Debbies Leben mehr ein Überleben ist und ihre Batterien so oft leer sind, weil sie meist lieber den Vorstellungen der anderen entsprechen möchte und nicht ihre eigene Wünsche und Bedürfnisse an erster Stelle setzt. Ich habe allerdings absolut nachvollziehen können, warum Debbie so handelt und empfindet, ich bin in dieser Hinsicht schließlich ganz genauso.

Neben dem Mitfühlen und Mitleiden musste ich beim Lesen aber auch öfters ziemlich breit schmunzeln. Über Debbies Begeisterung beispielsweise, wenn ein Wochenende bevorsteht, welches sie allein und lesend zu Hause verbringen kann oder wenn ihr Freund ihr neue Bücher schenkt. Auch bei den Strategien, die sie entwickelt hat, um den Alltag zu überstehen, kann man oft gar nicht anders als sich zu amüsieren. Wobei einem natürlich klar ist, dass das Ganze für Debbie alles andere als schön und angenehm ist, sondern äußerst stressig und kräftezehrend.
Also ich finde, dass es der Autorin großartig geglückt ist das Leben einer introvertierten jungen Frau auf eine humorvolle Weise darzustellen. Ich habe die Portion an Komik als genau richtig und passend empfunden. 
 
 
Die zahlreichen schwarz-weiß Bilder sind ebenfalls einfach nur perfekt gelungen. Sie sind recht schlicht und simpel, zugleich aber auch beeindruckend ausdrucksvoll. Stellenweise wird die Handlung sogar ganz ohne Text von den unterschiedlich großen Panels erzählt. Die Illustrationen geben die Emotionen und Gefühle der Figuren einfach so gut wieder – Worte sind da wirklich oft gar nicht vonnöten.

Fazit: Eine wundervolle Graphic Novel über eine junge introvertierte Frau – einfühlsam, witzig, wertvoll und ehrlich.

Mir hat Debbie Tung mit „Quiet Girl“ ein echtes Highlight bescheren können. Ich bin vollkommen begeistert von den verschiedenen Erzählungen und Anekdoten aus Debbies Leben und von den vielen liebevollen und ausdrucksstarken Bildern. Egal ob introvertiert, extrovertiert oder irgendwas dazwischen – ich kann dieses Comicbuch jedem nur ans Herz legen, es steckt voller Herz, subtilem Humor und Tiefe und ist in meinen Augen etwas ganz Besonderes. Von mir gibt es 5 von 5 Sternen!
 
 
 



 
Vielen lieben Dank an den Loewe Verlag für das Rezensionsexemplar!


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