Mittwoch, 10. Juni 2020

[Rezension] Als der Wolf den Wald verließ von Rosanne Parry

Hardcover
Mit Illustrationen von Mónica Armiño 
Ab 9 Jahren
208 Seiten
ISBN: 978-3-649-63475-1
Erscheinungsdatum: 15.06.2020

Klappentext:
Als der junge Wolf Flink von seinem Rudel getrennt und aus seinem Revier in den Wäldern vertrieben wird, begibt er sich auf die Suche nach einem neuen Zuhause. Auf seiner gefahrvollen Reise begegnet er Jägern, Waldbränden, einem »schwarzen Fluss« voller »Krachmacher« und dem Hunger – aber auch einem freundlichen Raben und der Schönheit der Natur. Die poetische Erzählung beruht auf dem wahren Leben des Wolfs »Journey«, der über 1600 Kilometer durch den amerikanischen Bundesstaat Oregon wanderte, und wirbt warmherzig um Verständnis für alle Auswanderer – nicht nur die Vierbeinigen. In ihrem Nachwort schreibt die Autorin: „Migration ist der Herzschlag der Welt." Mit Sachinfos zu dem echten Wolf „Journey" und seinem Lebensraum und aufwändigen Illustrationen auf jeder Doppelseite.

Quelle: Coppenrath Verlag


Rezension:

Da ich Kinderbücher, die aus der Sicht von Tieren erzählt werden, leidenschaftlich gerne lese und mich zudem schon immer sehr für Wölfe interessiert habe, war meine Neugierde umgehend geweckt, als ich das erste Mal von „Als der Wolf den Wald verließ“ hörte. Von dem bezaubernden Cover war ich auf den ersten Blick ganz hin und weg und da mich auch der Klappentext sofort überzeugen konnte, stand für mich sehr schnell fest: Den jungen Wolf Flink möchte ich nur zu gerne auf seiner großen Reise begleiten!

Flink ist sicher und geborgen bei seiner Wolfsfamilie in den Wäldern aufgewachsen. Als eines Tages plötzlich fremde Wölfe in ihr Revier eindringen, wird sich das Leben von Flink schlagartig ändern. Er wird von seinem Rudel getrennt und aus seiner Heimat vertrieben. Ganz auf sich alleine gestellt begibt sich der junge Wolf auf die Suche nach einem neuen Zuhause. Eine Reise voller Gefahren und Abenteuern erwartet ihn...

Ich glaube, ich habe selten ein Kinderbuch gelesen, in welchem eine Geschichte auf eine so einfühlsame, realistische und kindgerechte Weise aus der Sicht eines Tieres erzählt wird wie es in „Als der Wolf den Wald verließ“ der Fall ist. Ich bin vollkommen verzaubert von dem, was ich in diesem großartigen Kinderroman zu lesen bekommen habe. Die Erzählung des jungen Wolfes Flink ist so unfassbar warmherzig und bewegend. Sie ist traurig und wunderschön zugleich und hat so etwas herrlich Zeitloses. Ich war von Anfang an völlig gebannt von der mitreißenden Handlung und wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.

Erzählt wird alles aus der Sicht des jungen Wolfes Flink in der Ich-Perspektive. Flink habe ich sofort in mein Herz geschlossen. Ich mochte seine abenteuerlustige, neugierige und liebenswürdige Art vom ersten Moment an unheimlich gerne. Dank der authentischen und sehr feinfühligen Erzählweise ist es mir jederzeit spielend leicht gelungen mich in unseren tierischen Buchhelden hineinzuversetzen. Als Leser erlebt man seine Gefühle, Sorgen und Ängste hautnah mit. Auf seiner weiten und teils sehr beschwerlichen Reise leiden wir zusammen mit Flink Hunger, wir fühlen uns einsam und allein und sind erschöpft und müde von der langen Wanderung. Neben all diesen schweren Momenten widerfahren dem Jungwolf aber auch schöne Augenblicke wie das Aufeinandertreffen eines sehr freundlichen Raben.

Zu Beginn der Geschichte ist Flink aber noch ein kleiner Welpe. Gemeinsam mit ihm lernen wir die Geborgenheit des Baues kennen, wir gehen das erste Mal mit ihm auf die Jagd und erfahren mehr über die Strukturen des Wolfsrudels. Es ist unbeschreiblich wie viel Wissen über den Wolf in diesem Buch vermittelt wird: Ihr Sozialverhalten und Denken, ihre Verhaltensweisen und Rituale – ich bin zweifellos keine Wolfsexpertin, überhaupt nicht, aber auf mich hat die Darstellungsweise der Wölfe in „Als der Wolf den Wald verließ“ absolut glaubwürdig gewirkt. So werden Jungtiere, egal welcher Tierart sie angehören, von Flink immer nur „Welpen“ genannt. Straßen sind „schwarze Flüsse“ und Autos werden als „Krachmacher“ bezeichnet. Der Sichtblick auf uns Menschen hat mir ganz besonders gut gefallen. Großartig dabei fand ich auch, dass sehr deutlich wird, dass wir Menschen zu den größten Feinden der Wölfe gehören.
Was mir ebenfalls außerordentlich gut gefallen hat, ist, dass die Wölfe nicht als die Bösewichte dargestellt werden, wie es zum Beispiel in Märchen stets der Fall ist. Wölfe sind Raubtiere, ja, und natürlich sind sie keine kuscheligen Schmusetiere, aber sie sind definitiv keine wilden Bestien. Wölfe müssen eben jagen und Tiere töten, um zu überleben. Sie folgen bloß ihren Instinkten. Natürlich wird alles altersgerecht beschrieben, allerdings gibt es durchaus auch einige blutige Szenen, sodass das Buch meiner Meinung nach erst für etwas ältere Kinder geeignet sind.
Der Verlag empfiehlt „Als der Wolf der Wald verließ“ für Kinder ab 9 Jahren und dieser Empfehlung schließe ich mich an. Die Schrift ist recht groß, die Kapitel sind angenehm kurz und durch die zahlreichen Illustrationen enthalten viele Seiten oft nicht allzu viel Text. Geübtere Leser sollten daher keinerlei Probleme mit dem Selberlesen haben.

Von den wunderhübschen schwarz-weiß Illustrationen von Mónica Armiño könnte ich euch endlos etwas vorschwärmen. Auf jeder Doppelseite befindet sich mindestens eine Zeichnung und egal ob die kleineren, die ganzseitigen oder die wenigen doppelseitigen Illustrationen – mir haben sie allesamt wahnsinnig gut gefallen. Die Tiere wirken so bewundernswert echt, an den atemberaubenden Naturbildern konnte ich mich gar sattsehen und die einzigartige, fast schon magische Atmosphäre, die durch die Zeichnungen geschaffen wird, ist einfach nur zum Träumen schön.

Was das Buch dann nur noch außergewöhnlicher macht, ist, dass es auf einer wahren Begebenheit beruht. Vorbild für diese Erzählung ist der Wolf Journey, der im September 2011 sein Rudel verließ und über 1600 Kilometer durch den amerikanischen Bundesstaat Oregon wanderte. Ich muss gestehen, dass ich trotz meiner Faszination für Wölfe bisher noch nie von Journey gehört hatte. Dank „Als der Wolf den Wald verließ“ kenne ich seine Geschichte nun endlich. Hinten im Buch sind Journey vier Seiten gewidmet, auf denen über ihn berichtet wird. Zudem gibt es noch viele Sachinformationen zu Wölfen und ihrem Lebensraum sowie Bilder, Fotos und eine umwerfende doppelseitige Karte, auf der Flinks Reise eingezeichnet ist. Die gesamte Aufmachung des Buches ist einfach nur fantastisch gelungen!

Fazit: Ein wundervolles Kinderbuch für Jung und Alt – Spannend, realistisch und unglaublich berührend aus der Sicht eines jungen Wolfes erzählt. Mir hat „Als der Wolf den Wald verließ“ ein zauberhaftes Leseerlebnis beschert. Ich bin ganz hin und weg von der besonderen Geschichte und den vielen traumhaft schönen Illustrationen. Das Buch handelt von Verlust der Heimat und der Suche nach einem neuen Zuhause, von Freundschaft, Familie, Mut und Zusammenhalt. Es ist ein zeitloser Abenteuerschmöker, der die Herzen aller Wolf - und Naturliebhaber höherschlagen lässt und sich dank der wichtigen Thematik und den vielen tollen Zusatzinformationen über Wölfe und ihren Lebensraum auch erstklassig als Schullektüre eignet. Ich kann „Als der Wolf den Wald verließ“ wärmstens empfehlen und vergebe 5 von 5 Sternen!







Vielen lieben Dank an Vorablesen und den Coppenrath Verlag für das Rezensionsexemplar!
 

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